Skip to main content
Eisschnelläufer*innen treten bei einem Testevent für die Olympischen Winterspiele 2022 im Capital Indoor Stadium in Peking an, 21. Oktober 2021. © 2021 AP Photo/Mark Schiefelbein

(New York) – Die Hauptsponsoren des Internationalen Olympischen Komitees sollten öffentlich erklären, wie sie ihren Einfluss nutzen, um vor den Olympischen Spielen 2022 in Peking gegen Menschenrechtsverletzungen in China vorzugehen, so Human Rights Watch. Die Sponsoren sollten das Internationale Olympische Komitee (IOC) außerdem dazu drängen, Richtlinien zu verabschieden, um Menschenrechtsrisiken bei allen olympischen Aktivitäten und Veranstaltungen, einschließlich der Winterspiele 2022 in Peking, zu identifizieren, abzuwehren, einzudämmen und Rechenschaft darüber abzulegen.

Die chinesische Regierung hat Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Uigur*innen und andere Angehörige muslimischer Turkvölker in Xinjiang begangen, die Repression in Hongkong und die Kontrolle über die Medien verschärft sowie Maßnahmen zur Massenüberwachung eingesetzt.

„Es sind nur noch drei Monate bis zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking, doch die Sponsoren aus der Wirtschaft hüllen sich in Schweigen darüber, wie sie ihren Einfluss nutzen, um Chinas erschreckende Menschenrechtslage zu verbessern“, so Sophie Richardson, China-Direktorin bei Human Rights Watch. „Sie verspielen die Chance, ihr Engagement für Menschenrechtsstandards zu zeigen und riskieren stattdessen, mit Olympischen Spielen in Verbindung gebracht zu werden, die von Zensur und Unterdrückung geprägt sind.“

Die größten Sponsoren (Olympia-Partner) zahlen zusammen Milliarden US-Dollar an Gebühren, um sich mit dem Olympia-Logo zu schmücken, und stellen eine wichtige Einnahmequelle des IOC dar. Human Rights Watch hat die 14 Unternehmen im Mai 2021 und die Allianz im Oktober 2021 in einem Schreiben gefragt, welche Bemühungen sie zum Umgang mit dem Risiko von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an den Olympischen Spielen 2022 in Peking unternommen haben. Die einzige Antwort kam von der Allianz, die schrieb: „Wir stehen hinter der Olympischen Bewegung und werden unsere langjährige Unterstützung für ihre Ideale nicht aufgeben.“ Human Rights Watch hat auch das US-Medienunternehmen NBC angeschrieben, dessen Lizenzeinnahmen etwa 40 Prozent der gesamten IOC-Einnahmen ausmachen. Eine Antwort von NBC blieb bisher aus.

Laut der IOC-Homepage zählen zu den größten Sponsoren Intel, Omega, Panasonic, Samsung, P&G, Toyota, Visa, Airbnb, Atos, Bridgestone, Coca-Cola, Allianz und Alibaba. Viele der Olympia-Sponsoren sind an Richtlinien gebunden, nach denen sie sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen und offenlegen müssen, wie sie Menschenrechtsrisiken identifizieren und angehen. Nach Angaben des Business & Human Rights Resource Centre verfügt Alibaba über keine solche Menschenrechtsrichtlinien.

Auf Fragen von Bloomberg zur Beteiligung an den Olympischen Spielen 2022 antwortete Omega: „Als globale Marke sind wir uns der internationalen Spannungen natürlich bewusst und beobachten sie eingehend […]. Wir sind uns sicher, dass die Olympischen Spiele eine perfekte Gelegenheit sind, im Geiste der Einheit auf Augenhöhe zusammenzukommen.“ Airbnb erklärte gegenüber Bloomberg: „Wir glauben, dass China ein wichtiger Teil unserer Mission ist, Menschen aus der ganzen Welt und mit unterschiedlichem Hintergrund in Kontakt zu bringen, jetzt mehr denn je.“

2011 wurden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet, zu denen sich viele Unternehmen bekennen, darunter mit einer Ausnahme auch alle Olympia-Sponsoren. Damit verpflichten sich die Unternehmen dazu, im Rahmen von Geschäftsbeziehungen gegen negative Auswirkungen auf die Menschenrechte anzugehen, die direkt mit ihrer Geschäftstätigkeit, ihren Produkten oder Dienstleistungen verbunden sind.

Da die chinesischen Behörden die Menschenrechtsverpflichtungen, die sie eingegangen sind, um die Olympischen Sommerspiele 2008 auszurichten zu dürfen, nicht eingehalten haben und angesichts einer sich seitdem immer weiter verschärfenden Repression, ist kaum davon auszugehen, dass China die Menschenrechte bei den Winterspielen 2022 achten wird. Proteste oder regierungskritische Äußerungen von chinesischen Bürger*innen oder Sportler*innen, die die Spiele besuchen, können Zensur oder Repressalien nach sich ziehen. Die mangelnde Bereitschaft der chinesischen Regierung, kritische Informationen über den Zustand der öffentlichen Gesundheit oder Umweltgefahren weiterzugeben, stellt eine ernsthafte Bedrohung dar. Abgeordnete aus Kanada, der EU, den USA und Großbritannien haben zu einem diplomatischen Boykott und in einigen Fällen zu einem vollständigen Boykott der Spiele 2022 in Peking oder zur Verlegung der Spiele in ein anderes Land aufgerufen.

Im Dezember 2020 veröffentlichte das IOC eine Menschenrechtsstrategie, die die Olympische Bewegung als Ganzes an den UN-Leitprinzipien ausrichten soll. Das IOC hat jedoch erklärt, dass die Strategie erst nach den Olympischen Spielen 2022 in Peking umgesetzt werden soll.

Im Dezember 2020 forderte Human Rights Watch das Internationale Olympische Komitee schriftlich auf zu erklären, inwiefern es die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht bei den Vorbereitungen für die Winterspiele 2022 in Peking beachtet hat, und welche Anstrengungen es unternimmt, um Menschenrechtsrisiken im Zusammenhang mit den Spielen anzugehen. Human Rights Watch traf sich im Januar 2021 mit IOC-Mitarbeiter*innen, darunter Juan Antonio Samaranch Jr., dem Vorsitzenden der IOC-Koordinierungskommission für Peking. Das Ziel war, Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit den Spielen zu diskutieren und das IOC aufzufordern, Richtlinien zum Schutz der Menschenrechte zu verabschieden und anzuerkennen, dass die chinesische Regierung die Menschenrechtsverpflichtungen verletzt, deren Einhaltung das Land für die Ausrichtung der Olympischen Spiele versprochen hatte.

Human Rights Watch fordert alle Sponsoren der Olympischen Spiele auf, sechs konkrete Schritte zu unternehmen, um ihrer Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte gemäß den UN-Leitprinzipien nachzukommen:

1) öffentlich dafür plädieren, dass sich das IOC auf der nächsten Sitzung seines Executive Boards zu den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte bekennt;

2) das IOC dazu drängen, Richtlinien zum Schutz der Menschenrechte zu entwickeln und zu veröffentlichen sowie die Menschenrechte in die „Grundprinzipien“ der Olympischen Charta aufzunehmen;

3) öffentlich bestätigen, dass es bei den Aktivitäten in China nicht zu Arbeits- oder anderen Rechtsverletzungen kommt;

4) Druck auf die chinesischen Behörden ausüben, damit diese ihre bei der Vergabe der Spiele eingegangenen Menschenrechtsverpflichtungen erfüllen, insbesondere in Bezug auf die Pressefreiheit;

5) die Freilassung von inhaftierten Menschenrechtsverteidiger*innen fordern, darunter Ilham Tohti, Gao Zhisheng, Zhang Zhan und Lobsang Choephel, sowie

6) eine von den Vereinten Nationen geleitete unabhängige Untersuchung der von China verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und von anderen Rechtsverletzungen in Xinjiang unterstützen.

„Die Sponsoren der Olympischen Spiele haben keine offensichtlichen Schritte unternommen, um das IOC zu drängen, sich zu den Menschenrechten zu bekennen, die aktuell in der gesamten Geschäftswelt Standard sind“, sagte Minky Worden, Direktorin für globale Initiativen bei Human Rights Watch. „Während die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking am 4. Februar immer näher rückt, sollten die größten Sponsoren das olympische System, das sie finanziell unterstützen, öffentlich dazu auffordern, sich für die Menschenrechte einzusetzen und den verheerenden Missständen in China ein Ende zu setzen.“

Your tax deductible gift can help stop human rights violations and save lives around the world.

Region/Land