Die Suche nach Gerechtigkeit für Syrien

Wie ein mutmaßlicher syrischer Geheimdienstmitarbeiter
in Deutschland vor Gericht gestellt wurde

Fotos von inhaftierten oder verschwundenen Syrer*innen, aufgestellt von „Families for Freedom“, als Teil einer Protestaktion vor dem Oberlandesgericht in Koblenz am 2. Juli 2020. © 2020 Alexander Suttor

An einem kalten, bewölkten Tag im Februar 2015 betritt Anwar R. eine Berliner Polizeiwache, um Anzeige zu erstatten. Anwar R., ein ehemaliger Offizier des syrischen Militärischen Geheimdienstes, der jetzt in Deutschland lebt, gibt an, syrische Regierungsmitarbeiter*innen würden ihn in Berlin verfolgen. Er fürchte sich, entführt zu werden. Am Ende seiner Anzeige unterzeichnet er mit seinem militärischen Titel: „Oberst“.

Die Polizei kann keine Beweise dafür finden, dass er verfolgt wird. Aber die Beamt*innen dokumentieren akribisch die bruchstückhaften Informationen, die Anwar R. über seine mutmaßliche Geheimdienstkarriere preisgibt.

Heute steht Anwar R., 58, im rheinland-pfälzischen Koblenz vor Gericht. Er ist wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, die er begangen haben soll, bevor er sich im Jahr 2012 aus Syrien absetzte. Der Prozess begann im April 2020. Ihm werden 4.000 Fälle von Folter, die Tötung von 58 Menschen sowie Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe vorgeworfen, die er angeblich als Leiter der Ermittlungen in einer als „Abteilung 251“ bekannten militärischen Geheimdiensteinrichtung in Damaskus begangen haben soll. Urteil und Strafmaß werden im Januar erwartet.

Anwar R. ist der ranghöchste mutmaßliche ehemalige syrische Funktionär, der wegen in Syrien begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Europa vor Gericht steht.

Dieser Prozess kam dank einer Kombination aus Eigeninitiative, unaufhörlichen Bemühungen verschiedener Menschen und innovativer Technologie zustande – und durch zufällige Begegnungen und menschliche Fehler.

Doch die Weichen für das Verfahren in Koblenz wurden schon lange vor der Verhaftung von Anwar R. im Jahr 2019 gestellt. Deutsche Behörden ermitteln seit Beginn des Aufstands in Syrien im Jahr 2011 wegen Verbrechen, die dort begangen wurden. Im Jahr 2015 kamen dann viele Syrer*innen aus dem ganzen Land nach Deutschland. Sie suchten einen Neuanfang und eine neue Heimat, doch ihre persönlichen Geschichten aus dem kriegsgebeutelten Land blieben unvergessen. Und so kam es, dass Opfer, Zeug*innen, Beweismaterial und sogar einige Verdächtige in Reichweite der europäischen Justizbehörden gelangten, die zuvor nicht zugänglich waren.

Und ein weiteres Element erleichterte diesen Prozess maßgeblich: Nach deutschem Recht können schwere Verbrechen auch ohne eine Verbindung Deutschlands zu den Verbrechen vor Gericht gestellt werden – nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip. Es scheint fast so, als wäre dieser Prozess nur durch reinen Zufall zustande gekommen.

Doch das Verfahren ist auch in anderer Hinsicht einzigartig.

Rund ein Jahrzehnt nach Kriegsbeginn sind die Kämpfe in Syrien fast zum Erliegen gekommen. Präsident Bashar al-Assad und seine Regierung haben ihre Macht gefestigt und den größten Teil des Landes zurückerobert. Daher sind im Rahmen einer strafrechtlichen Aufarbeitung der in Syrien begangenen Verbrechen faire Prozesse innerhalb des Landes kaum vorstellbar. Gleichzeitig wurden Versuche, den Internationalen Strafgerichtshof oder internationale Ad-hoc-Tribunale einzuschalten, verhindert. Angesichts dieser Straffreiheit werden die schweren Übergriffe von allen Seiten ungehindert fortgeführt. Wirkliche Gerechtigkeit ist in Syrien – zumindest im Moment – nicht möglich.

Warum also ist ein Verfahren gegen einen mutmaßlichen Geheimdienstmitarbeiter mittleren Ranges, der Tausende von Kilometern von dem Ort entfernt ist, an dem die Gräueltaten begangen wurden, überhaupt von Bedeutung?

Der Prozess

a. Der Zeuge

Amer Matar, ein syrischer Journalist und Dokumentarfilmer, betritt den Gerichtssaal in Koblenz, um dem Mann gegenüberzutreten, der ihn ein Jahrzehnt zuvor gefoltert haben soll. Es ist der 7. April 2021 – Tag 67 des Verfahrens gegen Anwar R.

Matar, damals 34 Jahre alt, sitzt den fünf Richter*innen an einem Tisch gegenüber. Anwar R. sitzt rechts von ihm an einem anderen Tisch.

„Ich habe mich von Anfang an bewusst dafür entschieden, meine Worte oder Aussagen nicht direkt an Anwar R. zu richten“, sagte Matar im Oktober 2021 gegenüber Human Rights Watch. Er erzählte uns auch, dass er lange Zeit verdrängt hatte, was ihm seiner Erinnerung nach in der Abteilung 251 widerfahren war. Doch im Gerichtssaal, kurz bevor er gegenüber dem Gericht aussagen wollte, verschwammen die Details des Raumes – die hohen Fenster, der Corona-Schutz in Form durchsichtiger Trennwände zwischen den Tischen, die Bücherwand hinter den Richter*innen – „Ich war wieder im Gefängnis, in der Gefängniszelle und in Syrien“, sagte er.

Amer Matarعامر مطر

Matar sagt vor Gericht aus, dass er sich aktiv an den Protesten gegen die syrische Regierung in der Hauptstadt Damaskus beteiligte, die Anfang 2011 ausbrachen, über die Demonstrationen berichtete und auch Interviews im Fernsehen gab.

Am 28. März desselben Jahres stürmten Sicherheitskräfte sein Haus, erklärt er vor Gericht. In diesem Moment dachte Matar, sein Leben sei vorbei. Syrische Sicherheitskräfte hätten ihn geschlagen und beschimpft und das ganze Haus durchsucht. Er wäre verhaftet worden, und man hätte seinen Laptop und andere Geräte beschlagnahmt und durchsucht. Dann sei er zur Abteilung 251 gebracht worden.

Matar erklärt weiter, dass die Sicherheitsdienste auf seinem Laptop ein Foto fanden, das er von Anwar R. gemacht hatte.

Zu diesem Zeitpunkt, sagt Matar, kannte er Anwar R. nur vom Sehen, aber nicht seinen Namen.

Nach Matars Aussage war Anwar R. einer der Beamten, die im Februar 2011 zwei Freunde von Matar angriffen. Diese hätten vorgehabt, in der Nähe des Parlaments in Damaskus zu protestieren, sagt er. Als einige der Beamten begannen, seine Freunde zu verprügeln, sei er auf Anwar R. zugegangen, der danebenstand, und habe ihn gebeten, einzugreifen. Stattdessen habe Anwar R. auch ihn geschlagen.

Nicht lange nach dieser mutmaßlichen Begegnung, so Matar, habe er Anwar R. bei der Beerdigung des syrischen Dokumentarfilmers Omar Amiralay gesehen, einem bekannten Regierungskritiker. Matar erklärt, dass er ein Foto von Anwar R. machte und es auf seinem Computer mit der Bildunterschrift „der Böse“ speicherte.

Matar sagt aus, dass er Angst hatte und nervös war, als er dieses Foto machte. Schon die Teilnahme an der Beerdigung sei ein Risiko gewesen, erklärt er, da das Filmen von Sicherheitsbeamten in Syrien keine Bagatelle sei.

Als die Proteste im März 2011 begannen, tauchten Sicherheitsbeamte, darunter Anwar R., bei Demonstrationen auf. Matar vermutet, dass sie sich die Gesichter der Protestierenden einprägen wollten, wie er Human Rights Watch im Jahr 2020 berichtete.

Matar sagt, er sei in der Abteilung 251 in einem unterirdischen Raum ohne Tageslicht festgehalten worden. Weiter berichtet er Human Rights Watch, dass „man ihm Handschellen anlegte und die Augen verband und dass er erniedrigt und von mehreren Personen geschlagen wurde“.

 

Amer Matar holds a poster with a message in Arabic that states, “I was jailed in al-Khatib branch, and today I am witnessing my jailor on trial.”
Amer Matar hält ein Plakat mit der arabischen Aufschrift „Ich war im al-Khatib-Gefängnis inhaftiert, und heute erlebe ich den Prozess gegen meinen Gefängniswärter“. 7. April 2021

 

Er vergleicht die Erfahrung damit, „in einem Grab begraben zu sein“, und fügt hinzu, „man wird ohne jegliche Logik gefoltert“.

Zunächst hätten ihn die Verhörenden mit einem Kabel geschlagen, sagt Matar vor Gericht. Später griffen sie zu einer Peitsche. Er flehte sie an, aufzuhören. Einmal hätte man ihm befohlen, aufzustehen, aber er hätte es nicht mehr gekonnt.

Die ganze Zeit über hätte er die Schreie von Gefangenen in anderen Verhörräumen gehört.

Er sei in mehreren Zellen der Abteilung 251 festgehalten worden, erklärt Matar vor Gericht, in einigen seien es 20 oder 30 Personen gewesen.

Es sei extrem eng dort gewesen. Manchmal hätten Menschen stehen müssen, damit andere schlafen konnten, so Matar. Manchmal hätten die Wärter sie nicht einschlafen lassen, was Matar als psychische Folter bezeichnet. Er konnte sehen, wie Menschen in anderen Zellen mit Handschellen an den Gitterstäben vor den Fenstern gefesselt waren, so dass sie sich nicht hinsetzen konnten, erklärt er.

Einmal seien ihm die Augen verbunden worden, und ein Verhörender habe ihn gefragt: „Von wem ist das Foto ist auf dem Laptop?“ Matar sagt, er habe geantwortet: „Ich weiß es nicht.“

Der Mann nahm Matar die Augenbinde ab, nannte ihn einen „Hurensohn“ und schlug ihm ins Gesicht. Es sei Anwar R. gewesen, erklärt Matar weiter vor Gericht.

Laut Matar legte Anwar R. Matar die Augenbinde wieder an. Zu diesem Zeitpunkt, so Matar, habe er um sein Leben gefürchtet.

Aber Matar überlebte. Nach 12 oder 13 Tagen in der Abteilung 251 sei er in ein anderes Gefängnis verlegt worden. Einige Tage später wurden er und etwa 100 andere Gefangene in den Innenhof des Gefängnisses gebracht und von den Beamten als Verräter und Kriminelle bezeichnet. Dann wurde ihnen mitgeteilt, dass sie aufgrund eines Amnestiebeschlusses des Präsidenten freigelassen würden. Matar sagte aus, dass sie in Busse verfrachtet wurden und dass er in die Wohnung eines Freundes ging und nie wieder in sein eigenes Haus zurückkehrte.

2012 kam er nach Deutschland.

Die Aussage im Prozess gegen Anwar R. war „eine der schwierigsten Erfahrungen, die ich je durchzustehen hatte“, sagt er gegenüber Human Rights Watch. Er war gezwungen, „sich dieser Vergangenheit noch einmal zu stellen“. Nach seiner Aussage habe er wochenlang Migräne gehabt, erklärt er.

Aber die Zeugenaussage ist etwas, so Mater, das Syrer*innen, die „Wahrheit und Versöhnung“ wollen, einfach „durchmachen müssen“.

Hintergrund

Der Krieg in Syrien hat mindestens 350.000 Menschen das Leben gekostet. Über 12 Millionen Menschen mussten ihre Häuser verlassen und mehr als 12,3 Millionen Syrer*innen litten infolge des Krieges Hunger. Zwar haben alle Konfliktparteien schwere Verbrechen begangen, doch sind die syrische Regierung und regierungsnahe Kräfte für die meisten Gräueltaten an der Zivilbevölkerung verantwortlich.

 

Women walk in a neighborhood heavily damaged by airstrikes in Idlib, Syria on March 12, 2020. Idlib governorate is the last area under anti-government control in Syria.
Frauen gehen am 12. März 2020 durch ein von Luftangriffen schwer beschädigtes Viertel in Idlib, Syrien. Das Gouvernement Idlib ist das letzte Gebiet unter der Kontrolle der Oppositionellen in Syrien. © 2020 AP Photo/Felipe Dana © 2020 AP Photo/Felipe Dana

 

Es gibt offene, allgegenwärtige Gewalt: die Bombardierung von Krankenhäusern, Märkten und Schulen sowie die tödlichen Chemiewaffenangriffe auf Zivilist*innen, darunter auch Kinder. Aber es gibt auch Gewalt, die nicht ohne Weiteres sichtbar ist: die versteckten Gefängnisse und Folterzentren, in denen Zehntausende Syrer*innen verschwunden sind. Manche tauchten Jahre später wieder auf, andere blieben für immer verschollen.

Bei der Vernehmung der Zeug*innen erfuhr das Gericht von Folter und anderen Verstößen, die in Geheimdienstgefängnissen begangen wurden, aber auch dass es bereits mit Beginn der Herrschaft von Hafiz al-Assad im Jahr 1971 die Geheimdienste waren, die der syrischen Regierung zur Festigung ihrer Macht verhalfen. Geheimdienste überwachten die Bevölkerung, führten Durchsuchungen, Verhaftungen und Verhöre durch, auch unter Anwendung von Gewalt. Sie verfolgten die Aktivitäten von religiösen Gruppen, Universitäten und Unternehmen. Die Abteilungen des Geheimdienstes waren durch eine dreistellige Nummer gekennzeichnet.

Die Abteilung 251 war eine von 27 Haftzentren des syrischen Geheimdienstes, die Human Rights Watch in den Jahren 2011 und 2012, als Anwar R. in Syrien war, ausfindig machte. (Auf diesen und einen weiteren Bericht von Human Rights Watch wurde vor Gericht Bezug genommen.) Da sich die Abteilung in al-Khatib befand, einem Innenstadtviertel von Damaskus, wurde sie oft informell als „al-Khatib-Abteilung“ bezeichnet. Den Zeug*innen im Koblenzer Verfahren zufolge befanden sich die Gefängnis- und Vernehmungsräume der Abteilung im Keller eines Gebäudes.

b. Der Angeklagte

Anwar R. ist angeklagt, in diesem geheimen Teil von Assads Kriegs- und Unterdrückungsmaschinerie eine Rolle gespielt zu haben. Wie das Gericht in Koblenz erfuhr, trat er 1993 in den syrischen Geheimdienst ein. Von 2006 bis 2008 arbeitete er für eine Abteilung, bevor er zur Abteilung 251 versetzt wurde. Wie das Gericht weiter erfuhr, soll er im Januar 2011 die Verhöre in dem Foltergefängnis geleitet haben.

 

Defendant Anwar R. arrives at court in Koblenz on April 23, 2020 for an unprecedented trial on state-sponsored torture in Syria. 
Der Angeklagte Anwar R. trifft am 23. April 2020 in Koblenz ein zu einem beispiellosen Prozess wegen staatlicher Folter in Syrien. © 2020 Thomas Lohnes/AFP via Getty Images

 

Nach einem Massaker in seiner Heimatstadt Houla im Gouvernement Homs und der Ermordung eines Enkels floh er 2012 aus Syrien, wie das Gericht erfuhr. Zu dieser Zeit erlebten viele Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas große politische Umwälzungen. Anfang 2011 hatten Proteste die Regierung in Tunesien zu Fall gebracht. Kurz darauf wurde Ägyptens Regierung, die seit Jahrzehnten an der Macht war, gestürzt und Libyens Staatschef Muammar Gaddafi wurde gefangen genommen und getötet.

Aussagen vor Gericht zufolge setzen sich Anwar R. und seine Familie im Dezember 2012 zunächst nach Jordanien ab. Er schloss sich der Opposition an und nahm 2014 als Oppositionsvertreter an einer Friedenskonferenz in Genf teil. Im selben Jahr erteilte ihm das deutsche Auswärtige Amt auf Empfehlung syrischer Oppositionsführer*innen ein Visum.

Während des Prozesses schwieg Anwar R., doch am 18. Mai 2020, dem fünften Verhandlungstag, verlasen seine Anwälte eine vorbereitete Erklärung. Darin zählte Anwar R. fast 20 Personen auf, auf deren Aussagen sich die Staatsanwaltschaft bei der Beweisführung stützte. Dann versuchte er, ihre Aussagen zu widerlegen. Reem Ali, eine syrische Künstlerin, sagte aus, Anwar R. habe sie verhört. Anwar hingegen behauptete, sie hätten sich bei einem Kaffee freundlich unterhalten und sie sei nicht verhört worden. H. Mahmud erklärte, Anwar R. habe ihn geschlagen; Anwar bestritt dies. Ein anonymer Zeuge behauptete, er hätte 45 Tage lang in einem Gefängnis gesessen und habe jeden Tag einen Gefangenen sterben sehen. Anwar hingegen behauptete, er sei lediglich in seinem Büro gewesen.

„Ich hatte nie etwas mit Folter zu tun“, gab Anwar R. über seinen Anwalt bekannt.

 Patrick Kroker, ein Anwalt des Europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte (European Centre for Constitutional and Human Rights – ECCHR) mit Sitz in Berlin, der eine Reihe von Syrer*innen im Prozess gegen Anwar R. vertritt, zeigte sich „überrascht“, dass Anwar R. die ihm vorgeworfenen Verbrechen „allesamt leugnet“. Dennoch sei es „sein Recht“, eine solche Erklärung abzugeben, sagte er gegenüber Human Rights Watch.

Patrick Krokerباتريك كروكر

Anwar R. ist nicht der erste mutmaßliche ehemalige Funktionär, der in Deutschland vor Gericht steht. Er wurde zusammen mit einem einfachen Angestellten der Abteilung 251, Eyad A., angeklagt. Eyad A. wurde am 24. Februar 2021 wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde, weil er Demonstrant*innen zur Abteilung 251 transportiert hatte, obwohl er wusste, dass ihnen dort systematische Folter drohte.

Defendant Eyad A., hidden behind a folder, stands in a Koblenz court on February 24, 2021 to hear the verdict against him for crimes against humanity committed in the Syrian conflict.
Der Angeklagte Eyad A., versteckt hinter einem Aktenhefter, steht am 24. Februar 2021 in einem Koblenzer Gerichtssaal, um sein Urteil wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Syrienkonflikt zu vernehmen. © 2021 THOMAS LOHNES/AFP via Getty Images

Die Aussagen von Eyad A. zur internen Struktur der Abteilung 251 sowie zur Rolle von Anwar R. wirkten sich bei seiner Verurteilung strafmildernd aus, da es sich um wertvolle Beweise handelte, die eine Anklageerhebung gegen Anwar R. ermöglichten, so die Richter.

c. Der Anwalt

Der syrische Aktivist und Anwalt Anwar al-Bunni hatte eigene Insiderinformationen über Folter in syrischen Geheimdienstgefängnissen. Er sagte am 4. und 5. Juni 2020 vor Gericht aus, er habe schon lange vor dem Koblenzer Prozess von Anwar R. gewusst.

Al-Bunni wurde 2006 in Damaskus verhaftet. Männer zogen ihn in einen Lieferwagen und schlugen ihn. Nach Aussage von al-Bunni sei er nie von Anwar R. geschlagen worden, doch sei Anwar R. einer dieser Männer gewesen.

Al-Bunni, der 1959 als Teil einer politisch aktiven Familie im Gouvernement Hama in Syrien geboren wurde, hatte sich bereits früh dem Aktivismus verschrieben, wie er einem Mitarbeiter von Human Rights Watch erzählte. Seine Arbeit als Verteidiger politischer Gefangener machte ihn zur Zielscheibe der Assad-Regierung.

Nach seiner Verhaftung im Jahr 2006 saß al-Bunni fünf Jahre lang, bis Mai 2011, im Gefängnis. In der Haft wurde er gefoltert, wie er Human Rights Watch berichtete.

Nachdem seine Familie aus Syrien geflohen war, kam auch al-Bunni nach Deutschland. Kurz nach seiner Ankunft gingen er und seine Frau in der Nähe der Berliner Flüchtlingsunterkunft Marienfelde, in der sie auch lebten, einkaufen, als al-Bunni eine Person sah, die ihm sehr bekannt vorkam, die er aber nicht einordnen konnte, sagte er.

Erst später, als ein Freund ihm erzählte, dass Anwar R. ebenfalls in Marienfelde untergebracht war, stellte al-Bunni die Verbindung her. Es sei tatsächlich Anwar R. gewesen, sagte er Human Rights Watch.  

Anwar al-Bunniأنور البني

Al-Bunni war auch in Deutschland weiter politisch aktiv. Wie andere Syrer*innen in Europa, darunter auch der Anwalt Mazen Darwish, der in Koblenz aussagte, setzte er sich weiterhin für Gerechtigkeit in Syrien ein. Al-Bunni erklärte, dass sie mit dem ECCHR zusammenarbeiteten und Berichte über Misshandlungen von Syrer*innen sammelten, um sie an die deutsche Polizei und Staatsanwält*innen weiterzuleiten, die schwere Verbrechen im Ausland untersuchten. Im Jahr 2017 erstattete das ECCHR bei den deutschen Behörden im Namen mehrerer Syrer*innen Strafanzeige gegen sechs hochrangige syrische Offizielle, darunter Ali Mamluk, der als Leiter des Nationalen Sicherheitsbüros und persönlicher Berater von al-Assad die Geheimdienstgefängnisse des Landes beaufsichtigt haben soll.

Auf die Frage, ob er Anwar R. in Berlin gesehen habe, sagte al-Bunni: „Das hier ist keine persönliche Angelegenheit. Es geht nicht darum, ob diese Person mich verhaftet hat oder nicht, ob sie mich geschlagen hat oder nicht. Es geht um das Regime und seine Taten.“

Der Kampf um Gerechtigkeit

Die syrische Regierung hat ganze Stadtviertel mit Fassbomben zerstört und verbotene chemische Waffen gegen Tausende von Zivilist*innen eingesetzt. Um die Kontrolle über das Land wiederzuerlangen, griff die syrische Regierung auf die Unterstützung durch russische und iranische Einheiten zurück, um das Land mit grausamen und rechtswidrigen Praktiken unter ihre Kontrolle zu bringen. Sowohl die syrischen als auch die russischen Einheiten sind schwerer Verbrechen beschuldigt worden, ebenso wie andere Konfliktparteien wie der Islamische Staat (IS) und Mitglieder des Al-Qaida-Netzwerks.

Mehr als 5 Millionen Syrer*innen mussten wegen des Krieges das Land verlassen. Die meisten von ihnen leben in der Türkei, in Jordanien und im Libanon. Weitere 6,8 Millionen Syrer*innen sind Binnenvertriebene. Zusammen stellten sie im Jahr 2010 mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung Syriens. Heute leben mehr als 80 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze.

A drone image taken on April 21, 2020, shows a general view of the camp for internally displaced people pictured near Kah, in the northern Idlib province near the border with Turkey.
Eine Drohnenaufnahme vom 21. April 2020 zeigt einen Überblick über das Lager für Binnenflüchtlinge in der Nähe von Kah in der Provinz Idlib in Nordsyrien nahe der Grenze zur Türkei. © 2020 Omar HAJ KADOUR / AFP

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die syrische Regierung die Gewalt beenden oder Reformen einleiten wird, zumal die Assad-Regierung zunehmend diplomatische Anerkennung erhält. Mehrere Länder, darunter die Vereinigten Arabischen Emirate, haben ihre Beziehungen zu Assad normalisiert. Auch Jordanien hat den Kontakt auf höchster Ebene wiederhergestellt und seine Grenzen zu Syrien wieder geöffnet.

Ein Prozess wie der gegen Anwar R. ist im heutigen Syrien undenkbar. Auch andere Wege zur Gerechtigkeit sind versperrt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat kein Mandat, da er nur Verbrechen in seinen Mitgliedsstaaten verfolgen kann und Syrien nicht dazugehört. Der UN-Sicherheitsrat, das für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit zuständige Gremium, könnte dem Gericht die Zuständigkeit übertragen, doch China und Russland legten 2014 ihr Veto ein.

Somit sind nationale Gerichtsverfahren im Ausland derzeit die einzige Möglichkeit der Strafverfolgung.

Der Fall gegen Anwar R. wurde in Deutschland verhandelt, weil das Land das „Weltrechtsprinzip“ anerkennt. Dies gibt den deutschen Behörden die Befugnis, einige der schwersten Verbrechen wie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu untersuchen und zu verfolgen, unabhängig davon, wo sie begangen wurden und welche Staatsangehörigkeit die Verdächtigen und die Opfer haben.

Alexander Suttorألكسندر ساتور لا توجد صورة

Deutschland ist neben Schweden, den Niederlanden und Frankreich eines von mehreren Ländern in der Welt, die über derartige Gesetze verfügen.

Deutschland blickt natürlich auf seine eigene Geschichte schwerer Verbrechen zurück. Die Nürnberger Prozesse waren ein „Durchbruch für das moderne Konzept des internationalen Strafrechts“, so Claus Kress, Professor für internationales Recht und Strafrecht an der Universität Köln. Er bezieht sich dabei auf die Prozesse von 1945 bis 1946, in denen Deutsche für Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs zur Verantwortung gezogen wurden.

Claus Kressكلاوس كريس

Die Entstehung des Prozesses

Das Koblenzer Gerichtsgebäude liegt an einer Straße nahe dem Zusammenfluss von Rhein und Mosel, nicht weit von einer preußischen Festung aus dem 19. Jahrhundert entfernt und in unmittelbarer Nähe der mittelalterlichen Altstadt. Es ist das oberste Gericht des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Koblenz ist eine ruhige Stadt, und es ist ein Schock, „in diese idyllische Landschaft hinauszugehen, nachdem man im Gerichtssaal brutale Aussagen gehört hat“, sagt Alexander Suttor, Anwalt bei Clifford Chance, einer Anwaltskanzlei, die den Prozess für Human Rights Watch beobachtet hat.

The building of the Higher Regional Court in Koblenz, Germany.
Das Oberlandesgericht im rheinland-pfälzischen Koblenz. © 2021 Thomas Frey/picture alliance via Getty Images

Der Prozess gegen Anwar R. beruht auf mühsam gesammelten und nachgeprüften Beweisen und auf der sorgfältigen Verfolgung von Spuren auf der Suche nach Fakten.

Neben der Befragung von Zeug*innen mussten sich die Ermittler*innen auch ein Bild des Kontextes der mutmaßlichen Straftaten von Anwar R. machen. Was geschah in Syrien in den Jahren 2011 und 2012?

Viele haben den Krieg in Syrien dokumentiert: Menschenrechtsforscher*innen, Journalist*innen, UN-Ermittler*innen, die Polizei sowie syrische Nichtregierungsorganisationen wie das Syrian Center for Media and Freedom of Speech, das Syria Legal Center und die Caesar Files Group.

Seit ihrer Einsetzung durch den UN-Menschenrechtsrat im Jahr 2011 hat die UN-Untersuchungskommission Unmengen von Material – Interviews mit Überlebenden, forensische Berichte, Videos und Satellitenbilder – über Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien zusammengetragen. Zwei dieser Berichte aus den Jahren 2011 und 2012 wurden vor Gericht in Koblenz verlesen.

 

„Sie versuchen Ihr Bestes, um den Stimmen der Opfer Gehör zu verschaffen“, sagte James Rodehaver, ein ehemaliger Koordinator der UN-Untersuchungskommission zu Syrien, der jetzt zu Myanmar arbeitet. Er und sein Team dokumentierten Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Kriegsgesetze, indem sie zahlreiche Zeug*innen befragten und deren Aussagen überprüften. Wenn möglich, identifizierten sie auch die für die dokumentierten Verbrechen verantwortlichen Parteien.

Wie viele andere Gruppen, die Verbrechen in Syrien dokumentieren, setzten auch die Vereinten Nationen innovative Technologien ein. Human Rights Watch hat beispielsweise zwei Berichte verfasst, auf die vor Gericht Bezug genommen wurde, die sich auf Open-Source-Material und Satellitenbilder stützen. Damit konnten wir dokumentieren, was wir über die Foltergefängnisse des Geheimdienstes erfahren haben, und auch in Syrien begangene Verbrechen belegen, die nicht in Koblenz verhandelt werden, wie etwa Angriffe mit chemischen Waffen und Massaker. Via Skype haben wir mit Zeug*innen von Massakern mithilfe von Google Earth – das Luft- und Bodenbilder von Städten zeigt – nachgezeichnet, wo genau was passiert ist.

„Ich habe sie gebeten, mir auf der Karte zu zeigen, wo sie Sicherheitskräfte oder Leichen gesehen haben“, sagte Diana Semaan, ehemalige Research-Assistentin für Syrien bei Human Rights Watch und jetzt Syrien-Researcherin bei Amnesty International. Dann hat das Human Rights Watch-Team den Ort lokalisiert und Satellitenaufnahmen von dem Ort gemacht.

Diana Semaan — ديانا سمعان

Aber wie konnte mithilfe dieser Beweise ein Mann, der in Deutschland gelandet ist, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien vor Gericht gebracht werden?

a. Die Polizeiermittler*innen

Zunächst ist es erst einmal hilfreich, wenn der Beschuldigte selbst bei der deutschen Polizei vorstellig wird.

Am 30. August 2017 befragte Martin Holsky, ein Hauptkommissar der baden-württembergischen Landespolizei, Anwar R. Er wollte Beweise gegen einen anderen Syrer sammeln, der verdächtigt wurde, während einer Demonstration in Hama auf Zivilist*innen geschossen zu haben, sagte Holsky vor Gericht aus. Anwar R. habe ihm erzählt, dass die Syrische Republikanische Garde in den ersten Tagen des Aufstandes 17.500 Menschen verhaftet und in Gruppen zur Abteilung von Anwar R. gebracht habe, so Holsky. Sie wurden verhört und die meisten wieder freigelassen, während andere eingesperrt und gefoltert wurden, wie Anwar R. ihm mitteilte.

Holsky sagte aus, dass Anwar R., als er genauer nach Folter fragte, geantwortet hätte: „Bei so vielen Verhören an einem Tag kann man nicht immer höflich sein. Bei bewaffneten Gruppen muss man manchmal strenger sein.“

Anwar R. berichtete Holsky von einem Tag, an dem mehr als 700 Menschen, darunter auch Leichen, zur Abteilung 251 gebracht wurden. Anwar R. habe Holsky daraufhin erklärt, dass er als Verantwortlicher für die Ermittlungen nichts mit Leichen zu tun habe.

Die Information wurde an Manuel Deusing von der deutschen Bundespolizei weitergeleitet, der daraufhin Ermittlungen gegen Anwar R. einleitete.

 

Deusing erklärte vor Gericht, dass er nach Erhalt der Information die Berliner Landespolizei kontaktiert habe. Die teilte ihm mit, dass Anwar R. 2015 befürchtete, vom syrischen Geheimdienst beschattet zu werden. Deusing bat auch das Center for International Justice and Accountability, ihm alle aus Syrien herausgeschmuggelten Dokumente über Anwar R. zukommen zu lassen. Das Zentrum schickte Deusing Notizen über Gefangenenverhöre, die Anwar R. mutmaßlich dem Leiter seiner Abteilung vorgelegt hatte, sagte Deusing. Die Dokumente wiesen Anwar R. auch als Mitglied des „Central Interrogation Committee“ [dt.: Zentrales Verhörkomitee] aus.

Die Koordinierung mit anderen europäischen Behörden habe die Ermittlungen vorangetrieben, sagte Deusing vor Gericht. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden ermittelten in Zusammenarbeit mit den französischen Behörden, tauschten Informationen aus und befragten Zeug*innen in Frankreich. Schwedische und norwegische Behörden ermöglichten die Befragung dort lebender Zeug*innen.

Insgesamt befragte die deutsche Bundespolizei im Zuge der Ermittlungen gegen Anwar R. mehr als 70 Personen, so Deusing.

Deusing ließ daraufhin nach eigenen Angaben das Telefon von Anwar R. abhören und seine Wohnung durchsuchen. Die Polizeibeamten beschlagnahmten Smartphones, einen Laptop und CDs. Sie fanden ein Notizbuch mit einem kleinen Adressbuch, das Kontaktinformationen zu hochrangigen syrischen Offiziellen enthielt, sowie Kopien seines Abzeichens als Oberst der Generaldirektion für Geheimdienste.

Am 12. Februar 2019 wurde Anwar R. zusammen mit Eyad A. verhaftet.

b. Der Schulleiter

Die Verhaftung war nicht nur aufgrund der brillanten Detektivarbeit der deutschen Polizei möglich, sondern auch Ergebnis einer fast zehnjährigen akribischen Dokumentation der Verbrechen in Syrien. Viele Menschen trugen dazu bei, indem sie mit Tausenden von Syrer*innen sprachen, die erzählten, was ihnen, ihren Freund*innen und Verwandten in Dörfern und Städten im ganzen Land widerfahren war.

Deusing beschrieb vor Gericht, dass sein Ermittlerteam mithilfe von Berichten von Amnesty International und Human Rights Watch Todesfälle und Krankheiten dokumentierte, die auf die Haftbedingungen in Syrien zurückgehen: die Überbelegung, die katastrophalen sanitären Anlagen, fehlende Nahrung und Medikamente – und auch Folter.

Diese Berichte haben Forscher*innen in Syrien auf Grundlage von Beobachtungen, Berichten und Analysen erstellt. Zugrunde liegt auch die Arbeit von Syrer*innen vor Ort, die mit der politischen und geografischen Landschaft der Region vertraut sind. Sie stellten Kontakte zwischen Forscher*innen und Journalist*innen und Überlebenden her, in der Hoffnung mit solchen Gesprächen, Verstöße aufzudecken, die Veränderungen herbeiführen könnten. Ohne diese Syrer*innen wäre die Arbeit von Organisationen wie Human Rights Watch und die vieler Auslandskorrespondent*innen nicht möglich.

Mahmoud Mosa, ein Geflüchteter, der 2011 aus seiner Heimat im syrischen Bundesstaat Idlib in die Türkei geflohen ist, arbeitete mit zahlreichen Nachrichtenagenturen sowie den Researcher*innen von Human Rights Watch. Als ehemaliger Schulleiter und Englischlehrer half Mosa, Menschen sicher über die ständig wechselnden Grenzübergänge zwischen Syrien und der Türkei zu schleusen. Er wurde oft von Helfer*innen unterstützt – einige davon waren seine ehemaligen Schüler*innen. Für Mosa war es unerlässlich, dass die Welt davon erfährt, was in Syrien geschah, von den zerstörten Dörfern und getöteten Menschen.

Mahmoud Mosa — محمود موسى

Er half auch dabei, Journalist*innen in die kurdischen Gebiete Syriens und sogar in die Stadt Aleppo zu bringen, nachdem diese vom Islamischen Staat (IS) besetzt worden war.

Im Jahr 2011 arbeiteten zwei Forscher*innen von Human Rights Watch mit Mosa in Geflüchtetenlagern in der Türkei. Sie befragten Syrer*innen, die in Assads Haftanstalten, darunter auch in der Abteilung 251, inhaftiert waren und die Namen von Offizieren oder anderen Personen, die in den Gefängnissen arbeiteten, mitgehört und sich gemerkt hatten. Diese Interviews flossen in den Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2012 ein, in dem die syrischen Militärgefängnisse, die dort angewandten Foltermethoden und sogar die Leiter der Gefängnisse dokumentiert wurden.

Der Bericht wurde vor dem Koblenzer Gericht verlesen. Er zeigt, was der enorme Einsatz eines einzelnen Mannes, Mosa, bewirken kann – auch fast zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Berichts – und was Syrer*innen bewegen können, wenn sie die Möglichkeit haben, ihre Geschichten zu erzählen.

c. Der Fotograf und sein Freund

Ein weiteres Beweisstück im Prozess waren die „Caesar“-Fotos.

Vor dem Aufstand arbeitete Caesar (ein Deckname) als Fotograf für die Militärpolizei in Damaskus und desertierte später. Kurz nach Beginn der Demonstrationen im Jahr 2011 wurden er und sein Team beauftragt, die Leichen von Demonstrant*innen zu fotografieren, die von Regierungstruppen in Daraa, eine der Keimzellen der Proteste gegen das Assad-Regime, erschossen worden waren, so Garance Le Caisne, eine französische Journalistin, die zu den ersten und wenigen gehörte, die Caesar direkt interviewten. In den folgenden Monaten wurden sie aufgefordert, Leichen von Menschen zu fotografieren, die während der Haft gestorben waren, so Le Caisne gegenüber Human Rights Watch.

Syrian military defector ‘Caesar,’ testifies about atrocities in Syria during a Senate Foreign Relations committee hearing in Washington, DC, March 11, 2020.
Der syrische Militärüberläufer „Caesar“ bei einer Aussage über die Gräueltaten in Syrien während einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Beziehungen im US-Senat in Washington, DC, am 11. März 2020. © 2020 Saul Loeb/AFP via Getty Images

Caesar wollte aussteigen, so Le Caisne, aber sein bester Freund Sami, ein Gegner des Assad- Regimes, überzeugte ihn, zu bleiben, um die Fotos zu vervielfältigen und die Misshandlungen zu dokumentieren. Zwischen Mai 2011 und August 2013 soll Caesar etwa 53.000 Aufnahmen von Leichen kopiert haben. Sami speicherte sie zu Hause auf einer Festplatte. Dann wurden die Fotos aus Syrien herausgeschmuggelt.

Garance Le Caisne — غارنس لو كاين

Einige von Caesars Fotos, die 2014 an die Öffentlichkeit gelangten, wurden als Beweismittel in den Prozessen gegen Anwar R. und Eyad A. zugelassen. (2015 identifizierte Human Rights Watch 27 der auf den Fotos abgebildeten Opfer und bestätigte die Echtheit der Fotos). Dr. Markus Rothschild, ein forensischer Experte der Universität Köln, untersuchte die Fotos und präsentierte sie im Gerichtssaal, während er die Ergebnisse der Untersuchung bekanntgab.

Rothschild sagte aus, dass sein Team fast 27.000 Aufnahmen von 6.821 Personen analysiert hatte. Er schätzte, dass 110 dieser Menschen in der Abteilung 251 inhaftiert waren, unter anderem aufgrund einer Nummer, die ihnen auf die Stirn geschrieben worden war.

Von den 110 Toten aus der Abteilung 251 seien viele ausgehungert gewesen; 7,3 Prozent seien wahrscheinlich verhungert. 55 Personen hätte Verletzungen aufgewiesen, überwiegend durch stumpfe Gewalteinwirkung wie Schläge, Stöße oder Tritte.

Rothschild sagte am 3. November 2020 aus. Sein Vortrag, in dem er Fotos verwendete, um auf die wahrscheinliche Todesursache der Gefangenen zu schließen, erschütterte die Menschen im Gerichtssaal zutiefst.

Die Wirkung der Fotos veranlasste sogar einen der Angeklagten, sein Schweigen zu brechen. Am 9. Dezember verlas der Anwalt von Eyad A. eine Erklärung – das einzige Mal, dass er sich im Gerichtssaal zum Fall äußerte. „Meine Gefühle zu den Bildern kann ich nur so schildern: Sie haben mir das Herz gebrochen“, so sein Anwalt. „Auf der Fahrt zurück zum Gefängnis habe ich geweint.“

Als die Vorsitzende Richterin im Februar das Urteil gegen Eyad A. verkündete, sagte sie über die Caesar-Fotos: „Ganz persönlich: Ich werde diese Bilder nicht vergessen.“

„Die Leute reden über die Caesar-Akten und die Leute reden über Caesar“, sagte Le Caisne. „Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es in Syrien wirklich Hunderte von Caesars gibt“ – Menschen, die der syrischen Regierung die Stirn bieten und alles Mögliche tun, um deren Verbrechen zu dokumentieren und anzuprangern.

Welche Bedeutung das Urteil für Syrer*innen hat

Wie Millionen anderer Syrer*innen ist auch Caesar heute ein Geflüchteter, der außerhalb seines Heimatlandes lebt.

Doch in den letzten Jahren hat sich der Diskurs um syrische Geflüchtete in eine gefährliche Richtung verschoben. In Ländern wie Dänemark, dem Libanon und der Türkei, die zuvor (wenn auch nur zögerlich) ihre Türen für Geflüchtete geöffnet hatten, wächst der Druck, sie trotz der drohenden Gefahren zurück nach Syrien abzuschieben.

Syrian refugees gather in their vehicles getting ready to cross into Syria from the eastern Lebanese border town of Arsal, Lebanon, on June 28, 2018.
Geflüchtete Syrer*innen versammeln sich am 28. Juni 2018 in der ostlibanesischen Grenzstadt Arsal, in ihren Fahrzeugen und bereiten sich auf die Überfahrt nach Syrien vor.  © 2018 AP Photo/Bilal Hussein

Für diese Länder ist der Syrienkonflikt „vorbei“. Doch in Wirklichkeit sind die Konfliktursachen, also Unterdrückung, willkürliche Misshandlungen, die ständige Angst um das eigene Leben, nach wie vor real. Human Rights Watch und andere Organisationen haben dokumentiert, dass Geflüchtete aus dem Libanon und Jordanien, die nach Syrien zurückgekehrt sind, Gefahren wie Verschwindenlassen, Folter und sogar sexueller Gewalt durch die syrische Regierung und ihr nahestehenden Milizen ausgesetzt waren.

Im vergangenen Dezember diskutierte das deutsche Innenministerium, ob es sicher sei, Syrer*innen, die in Deutschland wegen Straftaten verurteilt wurden, nach Syrien zurückzuschicken, trotz der Gefahren, denen sie bei der Rückkehr ausgesetzt sind. Diese Diskussionen schürten unter Syrer*innen die Sorge, dass deutsche Behörden möglicherweise bestrebt waren, die Beziehungen zur syrischen Regierung wieder zu normalisieren.

Für Geflüchtete sei es ohnehin schon „schwierig, sich eine Existenz aufzubauen“. Verschärft wird dies noch durch die Diskrepanz zwischen dem Bild, das deutsche Politiker*innen, die Wahlen gewinnen wollen, von Syrien zeichnen und der Realität vor Ort, sagte Bente Scheller, Leiterin des Referats Nahost und Nordafrika bei der Heinrich-Böll-Stiftung.

Bente Schellerبنت شيلر

Auch der Prozess von Eyad A. war für einige heikel. Medienberichte nach dem Urteilsspruch gegen Eyad A. zeigen, dass seine Verurteilung und sein Strafmaß auf geteilte Reaktionen unter Syrer*innen gestoßen sind, obwohl die deutschen Behörden verpflichtet sind, Personen zu verfolgen, die schwerer Verbrechen verdächtigt werden. Einige Syrer*innen hätten Eyad A. gern viel länger im Gefängnis gesehen. Andere fragten sich, warum sich die deutschen Behörden überhaupt die Mühe machten, ein Verfahren gegen Eyad A. einzuleiten, schließlich sei er vollkommen unbedeutend im Vergleich zu den zahlreichen anderen Menschen, die sich genauso viel oder Schlimmeres hatten zu Schulden kommen lassen.

Wie bei Anwar R. stellte sich auch bei Eyad A. für einige Syrer*innen die Frage: Kann man die Seiten wechseln? Und wenn man sich eines Verbrechens schuldig gemacht hat, wird man dann durch den Seitenwechsel von dieser Schuld freigesprochen? Einige Syrer*innen befürchteten, dass die Verfolgung von Deserteur*innen dazu führen könnte, dass sich andere syrische Offizielle aus Angst vor strafrechtlichen Folgen davor scheuen, Insiderinformationen über die begangenen Verstöße preiszugeben. Und weitere Prozesse sind von solchen Insiderinformationen und Zeugenaussagen abhängig.

Syrische Geflüchtete stehen in Bezug auf den Prozess in Koblenz vor einer weiteren Herausforderung. Denn das Verfahren findet nur in deutscher Sprache ohne Verdolmetschung ins Arabische statt. Anwar R. und die syrischen Zeug*innen haben zwar alle Dolmetscher*innen, doch bleibt den anderen Syrer*innen, die im Gerichtssaal sitzen, der Inhalt verschlossen. Auch die Pressemitteilungen des Gerichts werden nicht ins Arabische übersetzt.

„Es war wirklich frustrierend“, sagte Ameenah Sawwan, eine Aktivistin der Syrien-Kampagne, die trotz guter Deutschkenntnisse die Gerichtssprache nicht verstehen konnte. Als jedoch das Urteil von Eyad A. sowohl auf Deutsch als auch auf Arabisch verlesen wurde – eine Ausnahme von der Regel – „machte das einen großen Unterschied“, sagte sie gegenüber Human Rights Watch.

Ameenah Sawwanأمينة صوان

Bis August 2020 wurde das Verfahren nur für die offiziellen Prozessbeteiligten ins Arabische übersetzt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht dem Eilantrag syrischer Journalist*innen zur Verdolmetschung des deutschsprachigen Prozessgeschehens ins Arabische für vorab akkreditierte arabischsprachige Journalist*innen stattgegeben hat, bleibt das Gesagte für das nicht-deutschsprachige Publikum unzugänglich. Auch die schriftlichen Urteile werden nur in deutscher Sprache verfügbar sein, und wenn dieses historische Verfahren abgeschlossen ist, wird es keinerlei Dokumentation in anderen Sprachen als Deutsch geben.

Alex Dünkelsbühler — أليكس د

Dennoch haben zahlreiche Syrer*innen dem Prozess beigewohnt, und es ist unmöglich zu zählen, wie viele weitere den Prozess von außen verfolgt haben. Doch was bedeutet der Prozess für sie?

a. Die Verschwundenen

Als Wafa Mustafa von dem Prozess hörte, erkannte sie eine Gelegenheit, auf das Verschwindenlassen von Menschen in Syrien aufmerksam zu machen.

Mustafa, 30, vermisst ihren Vater. An einem sonnigen Julitag während des Prozesses gegen Anwar R. sitzt sie im Schneidersitz auf dem Bürgersteig vor dem Koblenzer Gericht und hält ein Porträt ihres Vaters Ali hoch, der 2013 verschwunden ist. Mustafa zieht die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Sie zeigt viele gerahmte Fotos syrischer Angehöriger von Menschen, die sie kennt oder mit denen sie arbeitet. Diese Menschen werden vermisst; vermutlich wurden sie Opfer von Verschwindenlassen durch das syrische Militär oder sie wurden vom IS oder anderen Gruppen entführt.

Wafa Mustafa وفاء مصطفى

Die Syrer*innen, die Mustafas Gedenkstätte an jenem Julitag besuchten, kämpften mit den Tränen, so Alexander Dünkelsbühler, von Clifford Chance, der den Prozess beobachtet.

Unzählige Menschen sind in Syrien Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens geworden, die meisten von ihnen in Haftanstalten. Einige von ihnen tauchen wieder auf und werden mit ihren Familien wiedervereint. Von anderen fehlt jede Spur.

Mustafas Vater nahm sie zum ersten Mal zu einem Protest mit als sie 9 oder 10 Jahre alt war, erzählte sie Human Rights Watch. Als die Proteste 2011 in Damaskus begannen, begleitete sie ihn. „Das war gar keine Frage“, sagte sie.

Kurz nachdem ihr Vater in ihrer Heimatstadt verhaftet worden war, wurden auch Wafa und ihre Schwester von der syrischen Polizei festgenommen, allerdings in Damaskus, sagte sie. Sie wurden schnell wieder freigelassen und flohen kurz darauf aus dem Land. Mustafa trennte sich von ihrer Familie und kam 2016 nach Deutschland.

Mustafas Vater wird seit etwas mehr als 8 Jahren vermisst. Jeden Morgen teilt sie auf Twitter mit, wie viele Tage er schon verschwunden ist. „Ich bin mir nicht sicher, ob das gesund ist, aber alles, was ich in meinem Leben tue, dreht sich um meinen Vater“, sagte sie.

Sie nutzt die mediale Aufmerksamkeit, die der Prozess erzeugt hat, um die Welt daran zu erinnern, dass in Syrien immer noch Menschen Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens werden – und dass es nicht sein kann, dass die internationale Gemeinschaft auch nach einem Jahrzehnt keine Maßnahmen ergreift, trotz des Wissens um die Gräueltaten in Syrien. Auch diese Aufmerksamkeit trägt dazu bei, weiteren Missbrauch zu stoppen – auch durch die Freilassung von Gefangenen.

„Es gibt immer noch Menschen, die wir vor dem Tod [durch Folter oder vor einer Ansteckung mit Corona] im Gefängnis bewahren können“, sagte sie. Sie hofft, dass das auch für ihren Vater gilt.

Auch Samaa Mahmoud trauert um einen verschwundenen Verwandten, ihren Onkel Hayan. Ihr Vater, Hassan Mahmoud, ist eines der Opfer, die im Prozess gegen Anwar R. vertreten werden. Er hat Anwar R. vor Gericht beschuldigt, seinen Bruder Hayan, der 2012 gewaltsam verschwand, gefoltert zu haben. In seiner Aussage sagte Hassan Mahmoud, er habe aus zweiter Hand gehört, dass Hayan zur Abteilung 251 gebracht wurde und dort starb.

Samaa Mahmoudسما محمود

Samaa Mahmoud floh als Kind aus Syrien und kam 2015 nach Deutschland, wo sie jetzt Soziale Arbeit studiert. Sie erzählte Human Rights Watch, dass sie stolz ist auf ihren Vater, weil er für Hayan gekämpft und über seine eigenen beiden Festnahmen gesprochen hat (er kam nicht in die Abteilung 251). Sie liest alle Artikel über den Prozess, aber sie war nicht persönlich dort. „Ich kann nicht, ich meine nervlich“, erklärte sie.

Die Tatsache, dass ehemalige Inhaftierte Anwar R. vor Gericht gegenübertreten können, sagt sie, „ist wirklich etwas, das optimistisch stimmen sollte“. Sie glaubt, dass der Prozess „unser Leben verändern wird, wenn auch nur ein bisschen, aber zum Besseren“.

“Die Straße nach Damaskus muss gebaut werden”

Nach mehr als anderthalb Jahren Anhörungen, in denen über 60 Zeug*innen ausgesagt haben, soll der Prozess gegen Anwar R. im Januar abgeschlossen werden.

 

Weder die bedrückenden Zeugenaussagen – darunter Berichte aus erster Hand über Folter oder Massengräber – noch weit entfernte Verfahren in Koblenz hielten einige Syrer*innen davon ab, zum Gericht zu kommen.

Khaled Rawwas nahm bis Juli 2020 an 11 Sitzungen des Prozesses teil. Der Maschinenbauingenieur sagt, er sei in Syrien zweimal verhaftet worden, weil er protestiert habe (er wurde nie zur Abteilung 251 gebracht), und sei 2013 aus dem Land geflohen. Er ist seit fünf Jahren in Deutschland und arbeitet jetzt im Schiffsbau.

„Einmal wurde ich festgenommen und verhört, doch ganz und gar nicht so wie Anwar R. verhört wurde“, sagte Rawwas einem Forscher von Human Rights Watch. „Um ehrlich zu sein, war ich ein wenig neidisch“, sagte er in Bezug darauf, welche Behandlung Anwar R. vor dem Koblenzer Gericht erfuhr und wie seine Rechte geschützt wurden.

Khaled Rawwasخالد رواس

Rawwas beschrieb uns seine eigene Zeit in einem Gerichtssaal in Syrien: „Es dauerte nur zwei Minuten. Der Richter stellte mir nur eine Frage.“

Einer der Höhepunkte des Prozesses war für ihn das Eröffnungsplädoyer der deutschen Staatsanwaltschaft, die die Proteste von 2011 und den darauffolgenden Konflikt in Syrien als „Revolution“ bezeichnete.

„Für mich ist das etwas sehr Großes“, sagte Rawwas. Die Ereignisse in Syrien seien kein Bürgerkrieg, sondern „eine Revolution gegen ein korruptes System“.

Dass der Prozess in Deutschland und nicht in Syrien stattfindet, „breche ihm das Herz“, so Rawwas.

„Aber“, fügte er hinzu, „zumindest hat es etwas in Gang gesetzt.“ Für Opfer von Gewalt und Unterdrückung wie ihn, aber auch für andere.

Mokhtar (nicht sein richtiger Name), ein Syrer, betreibt ein kleines Restaurant in Deutschland. Es hat Holztische und -stühle und Bilder von Syrien an den Wänden. Hinter der Theke liegen Tomaten und Gurken; Falafel brutzeln mit lautem Zischen vor sich hin. Auf der Speisekarte stehen Makali-Wraps, aber auch Pizza und Pommes.  

Mokhtar ist weder in den Prozess gegen Anwar R. verwickelt, noch war er in Syrien inhaftiert, wie er Human Rights Watch mitteilte. Er habe das Land verlassen, nachdem er Zeuge eines Massakers geworden war, sagte er. Es dauerte zwei Jahre, aber die deutsche Regierung erkannte schließlich seinen Asylantrag an.

James Rodehaver — جيمس رودهفر

Die Idee, ein Restaurant zu eröffnen, sei zunächst ein „Scherz“ unter Freund*innen gewesen, sagte er. Schließlich hatte er damals nur 1.000 Euro gehabt. Aber er lieh sich Geld von Bekannten und eröffnete bald darauf das Lokal. „Eineinhalb Jahre später hatte ich alle Schulden vollständig zurückgezahlt“, sagt er. Heute schickt er 20 Prozent seiner Einnahmen an Bedürftige in Idlib und Damaskus.

Geht es nach James Rodehaver von den Vereinten Nationen muss „die Straße nach Damaskus noch gebaut werden“. Und diese Straße könnte durch Koblenz führen. Der Prozess gegen Anwar R. ist, so Rodehaver, „der erste Pflasterstein“ für den Wiederherstellung der Gerechtigkeit in Syrien.

Mokhtarمختار

Wenn er an seine Heimatstadt Damaskus denkt, sagt Mokhtar, der Restaurantbesitzer: „Ich bin stolz auf unsere Revolution und auf mein Volk, das sich auf wundersame Weise einem Diktator widersetzt hat.“

Darüber hinaus sendet der Prozess eine Botschaft an andere Offizielle und Vertreter*innen der syrischen Regierung. „Selbst wenn sie bis ans Ende der Welt gehen, jemand wird sie erwischen“, sagte er. „Darüber bin ich sehr froh.“

Dieser Beitrag ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen den Human Rights Watch-Teams für Internationale Justiz, Naher Osten und Nordafrika sowie Medien. Human Rights Watch bedankt sich bei allen, die sich bereit erklärt haben, für diesen Beitrag interviewt zu werden, und insbesondere bei allen Syrer*innen, die uns ihre Erfahrungen mitgeteilt haben. Human Rights Watch bedankt sich auch bei der internationalen Anwaltskanzlei Clifford Chance – und insbesondere beim Frankfurter Büro der Kanzlei, das den Prozess in Koblenz fast zwei Jahre lang beobachtet hat. Unschätzbare Hilfe leisteten Caroline Kittelmann, Alexander Suttor und Alexander Dünkelsbühler. Die Arbeit von Human Rights Watch zur universellen Gerichtsbarkeit in Deutschland wird finanziell unterstützt von der Deutschen Postcode Lotterie, Clifford Chance und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur.