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Deutschland: Untätigkeit bei Hitzeplänen bedroht Gesundheit

Risiken für Schwangere bei Plänen zur Klimaanpassung ausgeklammert

Eine Frau schützt sich an einem heißen Sommertag in Köln mit einem Regenschirm vor der Sonne, Deutschland, 25. Juli 2019. © REUTERS/Thilo Schmuelge

Wir haben die Onlineversion dieses Berichts korrigiert, um die Antwort eines weiteren Bundeslandes zu Hitzeaktionsplänen zu berücksichtigen, die Human Rights Watch nach der genannten Frist, jedoch vor Veröffentlichung erreichte.

(Berlin) - Deutschland ist mit der Umsetzung seiner Pläne zur Bewältigung der zunehmenden Hitzewellen im Zusammenhang mit dem Klimawandel im Verzug. Dies bedroht die öffentliche Gesundheit, so Human Rights Watch heute. Die aktuellen Pläne lassen die Gefahr extremer Hitze für Schwangere, eine der Gruppen, die besonders von extremen Temperaturen betroffen sind, weitestgehend außer Acht. Die Behörden sollten Hitzeaktionspläne finanzieren, entwickeln und umsetzen, die denjenigen Priorität einräumen, die am stärksten von den negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit betroffen sind. 

Deutschland ist der größte Emittent von Treibhausgasen in der Europäischen Union und liegt weltweit auf Platz 7, wobei die Pro-Kopf-Emissionen weit über dem Durchschnitt der 27 EU-Mitgliedsstaaten liegen. Die Behörden müssen mehr tun, um die Treibhausgasemissionen, die für die steigenden Temperaturen verantwortlich sind, deutlich zu reduzieren.

„Deutschland erkennt an, dass die zunehmende Hitze ein Gesundheitsrisiko darstellt. Einige Bundesländer haben gute erste Schritte unternommen, um gefährdeten Bevölkerungsgruppen bei der Anpassung zu helfen“, sagte Katharina Rall, Umweltexpertin bei Human Rights Watch. „Aber angesichts der Dringlichkeit, sowohl die Emissionen zu reduzieren als auch die Auswirkungen der Klimakrise zu bekämpfen, müssen die deutschen Behörden ihre Bemühungen verstärken.“

Human Rights Watch überprüfte die Klimaanpassungspläne der Bundesregierung, , aller 16 Bundesländer und der zehn bevölkerungsreichsten Städte des Landes, um festzustellen, ob sie Schwangere als eine für hitzebedingte Gesundheitsprobleme gefährdete Gruppe einbeziehen. Die Analyse ergab, dass die Definition von Risikogruppen nicht einheitlich ist und dass diese Pläne die Bedürfnisse von Schwangeren bei extremer Hitze größtenteils nicht berücksichtigen. Das deutet darauf hin, dass ihre Bedürfnisse wahrscheinlich nicht behandelt werden. Zwar kommen die Bemühungen, die Menschen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, allen zugute, die durch Hitze gefährdet sind. Es sind jedoch ein größeres Bewusstsein und gezielte Maßnahmen erforderlich, um die negativen Auswirkungen von extremer Hitze auf die Gesundheit von Schwangeren anzugehen, so Human Rights Watch.

Im Juni 2021 wurde Deutschland während der ersten Hitzewelle des Jahres vorübergehend zur heißesten Region in Europa.  Als Reaktion auf die jüngsten Temperaturextreme und die Todesfälle während früherer Hitzewellen hat Gesundheitsminister Jens Spahn die Notwendigkeit zusätzlicher Mittel anerkannt, die er als „Klimabudget“ bezeichnete. Hiermit sollen die aus dem Klimawandel entstehenden Gesundheitsbedürfnisse angegangen werden. Zwar war dieses Eingeständnis ein guter Schritt, für eine effektive Klimaanpassung braucht es jedoch konkrete Maßnahmen.

Das gemäßigte Klima in Deutschland ändert sich bereits durch den Klimawandel. Die Folgen sind steigende Durchschnittstemperaturen sowie häufigere und zunehmend extreme und lang anhaltende Hitzeperioden, die ein Risiko für die Gesundheit der Menschen darstellen. Jüngste Untersuchungen legen nahe, dass weltweit bis zu 37 Prozent der hitzebedingten Todesfälle während des Sommers auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen sind.

Es gibt nur wenige Daten zur hitzebedingten Sterblichkeit in Deutschland. Aber während jeder der vorherigen Hitzewellen - in den Jahren 2003, 2006 und 2015 - wurden mehr als 6.000 Todesfälle der Hitze zugeschrieben. Begrenzte Daten aus dem Jahr 2018 zeigen, dass allein in Berlin fast 500 Menschen hitzebedingt starben.

Nach Recherchen von Germanwatch lag Deutschland im Jahr 2018 mit dem heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen (1881) und Temperaturen von 2,9 °C über dem Durchschnitt an dritter Stelle der am stärksten von Wetterextremen betroffenen Länder. Ein neuer Bericht, den das Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben hatte, geht davon aus, dass die steigenden Temperaturen die hitzebedingte Sterblichkeit bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zum Zeitraum 1971-2000 um das Dreifache erhöhen könnten.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehören zu den Gruppen, die durch extreme Hitze besonders gefährdet sind, u.a. Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schwangere. Es gibt keine Daten über die Auswirkungen von Hitze auf Schwangerschaften in Deutschland, aber epidemiologische Untersuchungen aus vielen Ländern deuten auf einen Zusammenhang zwischen Hitzeexposition und Frühgeburten sowie anderen Komplikationen bei Schwangerschaften und Geburten hin.

In einem bahnbrechenden Urteil aus dem Jahr 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das deutsche Klimaschutzgesetz von 2019 die Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ab 2030 nicht angemessen regelt. Somit verletzt die Regierung ihre Pflicht zum Schutz der Menschenrechte der jungen Menschen, die den Fall vorgebracht hatten. Nach dem Urteil hatte sich die Regierung verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren und bis 2045 netto null Emissionen zu erreichen. Dies sind zwar ehrgeizigere Klimaziele als die im Gesetz von 2019, Expert*innen halten sie dennoch für nicht ausreichend, um das „Ziel des „Pariser Abkommens“ zu erreichen, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. 

Im Juni verabschiedete der Bundestag ohne die Unterstützung der Oppositionsparteien ein neues Klimaschutzgesetz, das diese Ziele gesetzlich festschreibt. Das Gesetz muss nun noch vom Bundesrat gebilligt werden. Das aktuelle Bundeskabinett hat zudem einen Haushaltsentwurf für 2022 erarbeitet, in dem ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ in Höhe von 8 Milliarden Euro vorgesehen ist. Der Haushalt bedarf aber noch der Zustimmung des Bundestags nach der Wahl.

Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), ein Zusammenschluss von Fachleuten aus dem Gesundheitswesen, sagte, dass Deutschlands Vorbereitungen auf extreme Hitze systemische Mängel aufwiesen. Da Deutschland weniger heiße Temperaturen gewohnt ist, hat die Bevölkerung laut KLUG weniger Erfahrung damit, wie man sich während Hitzewellen richtig verhält. Die Besorgnis von KLUG bezüglich der Gesundheitsrisiken erstreckt sich auch auf Schwangere und andere hitzeempfindliche Personen und zeigt, dass sich Deutschland dringend an die Realität des Klimawandels anpassen muss.

Auf Bundesebene werden in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) und den zugehörigen Aktionsplänen Schwangere nicht als eine durch extreme Hitze gefährdete Gruppe aufgeführt. Das Umweltbundesamt hat jedoch in der Version 2021 seines Leitfadens „Hitzeknigge“ für den Erhalt der Gesundheit bei Hitzewellen Schwangere als gefährdete Gruppe aufgeführt und verweist in seiner Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland vom Juni 2021 auf Risiken bei Schwangerschaften. Auf Landesebene ist Bremen das einzige der 16 deutschen Bundesländer mit einem Anpassungsplan, der Schwangere als eine durch extreme Hitze gefährdete Gruppe nennt. 

Human Rights Watch forderte von allen 16 Bundesländern Informationen über die Entwicklung von Hitze-Aktionsplänen und die Einbeziehung von Schwangeren an. Keines der 11 Bundesländer, die geantwortet haben, hat einen Hitzeaktionsplan entwickelt. Nur das Bundesland Hessen hat ein Hitzewarnsystem eingeführt, das ein empfohlener Teil eines Hitzeschutzplans ist, und arbeitet derzeit an einem landesweiten Plan, der auch Schwangere speziell einbeziehen soll. Andere Bundesländer befinden sich entweder in der Anfangsphase der Planung oder haben die Zuständigkeit bei den Kommunen verortet. 

Basierend auf den Richtlinien der WHO von 2008 entwickelte eine Arbeitsgruppe von Bundes- und Landesbehörden 2017 einen Leitfaden für Hitzeaktionspläne für die Bundesländer. Im Jahr 2020 haben die Gesundheitsminister*innen der Länder die Notwendigkeit anerkannt, die Umsetzung von Hitzeaktionsplänen auf kommunaler Ebene zu beschleunigen.

Hitzewellen betreffen besonders städtische Gebiete aufgrund des „Wärmeinseleffekts“, der mit der städtischen Bebauung zusammenhängt. Bei der Überprüfung der öffentlichen Informationen über Hitze und Gesundheit, die von den zehn bevölkerungsreichsten Städten Deutschlands zur Verfügung gestellt wurden, stellte Human Rights Watch fest, dass keine von ihnen Schwangere als gefährdete Gruppe aufführte und keine von ihnen einen Hitzeaktionsplan auf der Grundlage der WHO-Richtlinien umgesetzt hat, obwohl einige mit der Entwicklung von Plänen begonnen haben.

Da die Temperaturen aufgrund des Klimawandels steigen, sollte die neue Bundesregierung sicherstellen, dass Risiken durch Hitze für Schwangere in alle Bundesrichtlinien zur Erarbeitung von Hitzeaktionsplänen aufgenommen werden. Die Länder und Gemeinden wiederum müssen die Umsetzung beschleunigen, so Human Rights Watch.

Regierungen haben eine menschenrechtliche Verpflichtung, sowohl die CO2-Emissionen zu reduzieren als auch auf deren aktuelle und prognostizierte Auswirkungen auf die Gesundheit zu reagieren. Alle Regierungsebenen sollten gefährdete Bevölkerungsgruppen in den Mittelpunkt der Hitzeplanung und der Anpassungsstrategien stellen. Sie sollten die Auswirkungen extremer Hitze auf Schwangere in der Öffentlichkeitsarbeit oder in Aufklärungsmaßnahmen über Hitze und die menschliche Gesundheit hervorheben, u.a. auf Websites, Plakaten und durch Hitzewarnungen in den Medien. Die Landesregierungen sollten die Entwicklung umfassender Aktionspläne zum gesundheitlichen Schutz vor Hitze unterstützen, u. a. durch Beratung, Finanzierung und technische Unterstützung für lokale Behörden. Zudem sollten sie hitzebedingte Krankheiten und Todesfälle nachverfolgen und melden.

Die Regierung hat auch die Verpflichtung, den Klimawandel durch eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen abzumildern. Sie sollte dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entsprechend ihre Emissionsreduktionsziele mit einem klaren Zeitplan nachbessern und das Klimagesetz so festschreiben, dass es die Rechte zukünftiger Generationen schützt. 

„Deutschland sollte dringend seine Anstrengungen verstärken, um gefährdete Bevölkerungsgruppen, darunter auch Schwangere, vor der zunehmenden Hitze zu schützen“, sagte Rall. „Aber die Regierung sollte auch ihren Teil dazu beitragen, die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, indem sie die Emissionen im Einklang mit dem Urteil des Verfassungsgerichts drastisch reduziert.“

Hitze in Deutschland

Ein vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebener Bericht aus dem Jahr 2021 analysiert die Risiken der globalen Erwärmung und erkennt die Dringlichkeit der Anpassung an die Hitze an. Eine Vulnerabilitätsanalyse für Deutschland zeigt, dass die Durchschnittstemperaturen im Extremfall in den nächsten 100 Jahren zwischen 3,5 und 5 °C ansteigen könnten, während selbst eine moderate Entwicklung einen Anstieg von 1,5 °C nahelegt. Auch die Anzahl der „heißen Tage“ (mindestens 30 °C) und der „Tropennächte” (Nachttemperaturen von 20 °C oder mehr) wird in den kommenden Jahren zunehmen.

Gesundheitsgefährdende Temperaturen sind in Deutschland häufiger geworden. Sechs der elf extremsten Hitzewellen zwischen 1951 und 2015 fanden nach 2000 statt. Seit 1990 sind die früher als heiß empfundenen Sommer zur Normalität geworden und die Durchschnittstemperaturen in ganz Deutschland liegen heute deutlich über den Durchschnittstemperaturen von vor 30 Jahren.

Bislang sind die Frühlings- und Sommertemperaturen in Deutschland seit 1881 bereits um 1,4 - 1,5 °C gestiegen, Herbst und Winter sind milder geworden. Einige Forscher*innen sprechen sogar von einer „Mediterranisierung“ des Klimas in Deutschland, sollte die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts 3 - 4 °C erreichen. Dieses Szenario wird prognostiziert, sollte sich an den Klimaschutzbemühungen nichts ändern.

Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen zudem, dass Hitzewellen in Großstädten seit den 1980er Jahren sowohl an Intensität als auch an Häufigkeit zugenommen haben. Waren vor den 1990er Jahren extreme und lange Hitzewellen (14 Tage mit mindestens 30°C) in Deutschland relativ selten, so treffen sie Großstäte heute alle zwei bis vier Jahre. 

Hitze und gesundheitliche Probleme

Extreme Hitze ist eine ernste Gefahr für die Gesundheit. Sie kann zu Hitzeausschlag, Krämpfen, Hitzeerschöpfung oder zu Hitzschlägen führen. Diese können tödlich sein oder lebenslange Folgen nach sich ziehen. Hitze wirkt sich mit größerer Wahrscheinlichkeit auf Menschen mit Vorerkrankungen und Anfälligkeiten aus. Deshalb sind die meisten Todesfälle während Hitzewellen „hitzebedingt“ und nicht ausschließlich die Folge von Hitze. Einige Gruppen wie ältere Menschen oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bei heißem Wetter viel anfälliger für Tod oder Krankheit.

Auch wenn die Intensität von Land zu Land variiert, ist die erhöhte Sterblichkeit aufgrund der globalen Erwärmung ein weltweiter Trend, der effektive Anpassungsmaßnahmen erfordert. Laut dem Lancet Countdown 2020 zu Gesundheit und Klimawandel könnte Deutschland - nach China und Indien - das am drittstärksten betroffene Land sein, was die hitzebedingte Sterblichkeit bei Menschen ab 65 Jahren betrifft.

Eine Studie, die die Übersterblichkeit während des „Hitzesommers“ 2003 in zwölf europäischen Ländern analysierte, zeigt, dass schätzungsweise 70.000 Menschen mehr starben, was zu einer „Sterblichkeitskrise“ in der ersten Augusthälfte führte. In ihrem Bericht von 2019 über umweltbedingte gesundheitliche Ungleichheiten in Europa stellt die WHO fest, dass die Wohnqualität einen direkten Einfluss auf hitzebedingte Sterblichkeit hat. Marginalisierte Bevölkerungsgruppen leben eher in Wohnungen, die weniger auf den Klimawandel vorbereitet sind. Zudem zeigen die Daten einen klaren Zusammenhang zwischen Einkommen und thermischem, bzw. temperaturbezogenem Komfort während des Sommers. Laut Umweltbundesamt sind sozioökonomische Faktoren wie Wohnung, soziales Umfeld und Bildungsniveau relevante Faktoren für die Anfälligkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels.   

Pilotprojekte und Wärmeaktionsplanung

In Deutschland gibt es einige vielversprechende Entwicklungen und Pilotprojekte zur Wärmeanpassung. Umweltministerin Svenja Schulze kündigte kürzlich an, im Juli eine Beratungsstelle zu eröffnen, die Kommunen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen soll. Schulze sagte auch, dass mehr finanzielle und gesetzliche Rahmenbedingungen für eine effektive Klimaanpassung nötig seien. Im Juni erstellte das Gesundheitsministerium zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine Website zum Thema Klimawandel und Gesundheit. Hier finden sich auch Hinweise zum Verhalten bei Hitzewellen.

Im Juni erstellte das Gesundheitsministerium zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine Website zum Thema Klimawandel und Gesundheit. Hier finden sich auch Hitzewarnungen.

Einige Städte gehen bereits mit gutem Beispiel voran. So hat Offenbach einen Hitzeaktionsplan entwickelt, dessen Umsetzung durch eine Gruppe von Interessenvertreter*innen koordiniert wird, darunter Vertreter*innen von Gesundheitsämtern, Schulen, Kindergärten und Sozialdiensten. Worms hat Arbeitsgruppen, u.a. zu Schwangeren und Kindern, im Entwurfsprozess für den Hitzeaktionsplan, und Köln entwickelt derzeit einen Pilot-Hitzeaktionsplan für ältere Menschen. Diese sind bei heißem Wetter besonders von erhöhter Mortalität und Morbidität bedroht.

Gesundheit, Hitze und Ungleichheit in der Schwangerschaft in Deutschland

Schwangere sind anfälliger für hitzebedingte Krankheiten, da ihre Körper mehr Wärme erzeugen und diese langsamer abgeben. Die WHO hat kürzlich in ihren aktualisierten Leitlinien zu Hitze und Gesundheit Schwangere als eine Gruppe aufgeführt, die durch extreme Hitzeeinwirkung gefährdet ist. In den letzten Jahren hat eine wachsende Zahl von Studien gezeigt, dass Hitzeexposition zu Komplikationen bei Schwangerschaften und Geburten führen kann, darunter Frühgeburten (vor der 37. Woche), die mit lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden sind und weltweit eine der Hauptursachen für den Tod von Säuglingen sind.  

In Deutschland sind Mitglieder benachteiligter Bevölkerungsgruppen eher negativ von Hitze während der Schwangerschaft betroffen, weil sie einen eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung während der Schwangerschaft haben. Untersuchungen des Center for Reproductive Rights zeigen, dass Schwangere aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen, wie z.B. solche ohne legalen Migrationsstatus, in Deutschland bereits Schwierigkeiten beim Zugang zu einer angemessenen Schwangerschaftsvorsorge haben. In Deutschland gibt es auch keine ausreichenden Forschungsdaten über den Zugang von Geflüchteten zu Diensten der Schwangerschaftsvorsorge oder der reproduktiven Gesundheit.

In Deutschland, so zeigt eine Studie, hat die Rate der Frühgeburten zwischen 1994 und 2006 zugenommen. Die Gründe für eine Frühgeburt sind vielfältig. Oft bleibt es unklar, warum ein bestimmtes Baby zu früh auf die Welt kommt. Die Studie weist auch darauf hin, dass Frühgeburten bei Migrantinnen häufiger vorkommen als bei anderen und dass das Risiko für Schwangere, die in Großstädten leben, größer ist. Allerdings gibt es nach wie vor eine gewisse Diskrepanz zwischen den verschiedenen Datenquellen zu Frühgeburten. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Darüber hinaus scheinen der sozioökonomische Status und der Beruf neben dem Alter und der Anzahl der Geburten Auswirkungen auf die Schwangerschaft und Geburt zu haben, so eine Studie aus dem Jahr 2009. Weitere Forschung ist notwendig, um die aktuellen und zukünftigen potenziellen Auswirkungen steigender Temperaturen und anderer Klimaeinflüsse auf die Gesundheit von Schwangeren und Komplikationen bei Schwangerschaften und Geburten in Deutschland zu bewerten.

Forschungsergebnisse deuten zunehmend darauf hin, dass die Belastung durch Hitze, Waldbrände und andere extreme Wetterereignisse wie Wirbelstürme und andere Katastrophen, die mit dem Klimawandel in Verbindung stehen, auch die Gesundheit von Schwangeren und den Schwangerschaftsverlauf negativ beeinflussen können. 

Auf allen Verwaltungsebenen sollten interdisziplinäre und intersektionale Ansätze bei der Gestaltung von Klimaanpassungsmaßnahmen gefördert werden. Um sicherzustellen, dass diese gefährdeten Gruppen effektiv erreicht werden, sollten Gespräche mit Familien aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen geführt und Geburtshelfer*innen und andere Expert*innen für reproduktive Gesundheit beim Entwurf von Hitzeaktionsplänen und bei der Planung von Anpassungsmaßnahmen einbezogen werden.

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