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Gerichtshof der EU billigt Verbot religiöser Kleidung am Arbeitsplatz

Erlaubnis für private Arbeitgeber*innen, religiöse Kleidung zu verbieten, schadet vor allem muslimischen Frauen

Junge Frauen mit Kopftüchern sitzen am 31. Januar 2020 im Bundestag in Berlin, Deutschland.  © 2021 Sonja Wurtscheid/picture-alliance/dpa/AP Images

Der Schutz der Religionsfreiheit - insbesondere für muslimische Frauen - wurde letzte Woche durch das Urteil des höchsten Gerichts der Europäischen Union beeinträchtigt, das Arbeitgeber*innen erlaubt, Menschen zu diskriminieren, die religiöse Kleidung tragen.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschied am 15. Juli über zwei Klagen von Frauen in Deutschland, deren Arbeitgeber*innen sich weigerten, ihnen das Tragen von Kopftüchern am Arbeitsplatz zu gestatten, und stellte fest, dass Arbeitgeber*innen den Ausdruck religiöser, politischer oder philosophischer Überzeugungen am Arbeitsplatz einschränken können, wenn ein „wirkliches Bedürfnis“ besteht, „gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden“.

„Neutralität“ wurde zuvor verwendet, um ähnliche Verbote im öffentlichen Sektor zu rechtfertigen. Diese Entscheidung erweitert diese Logik auf den privaten Sektor und öffnet die Tür zu weitreichender Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die Argumentation des Gerichts, dass die Erlaubnis religiöser Kleidung die Betriebsfähigkeit eines Unternehmens beeinträchtigen könnte, beruht auf der fehlerhaften Logik, dass die Einwände von Kund*innen gegen das Tragen religiöser Kleidung durch Angestellte die Rechte der Angestellten legitim übertrumpfen können.

Das Gericht stellt fest, dass solche Einschränkungen nicht diskriminierend sind, solange sie für alle Ausdrucksformen der Religion oder des Glaubens gleichermaßen gelten. Jegliche Beschränkungen sollten zum Beispiel auch das Tragen der jüdischen Kippa und des Sikh-Turbans einschränken. In der Praxis stehen muslimische Frauen in Europa, die ein Kopftuch oder einen Gesichtsschleier tragen, oft im Fokus solcher Verbote.

Verbote von religiöser Kleidung und Symbolen für Lehrer*innen und andere Beamt*innen in Deutschland führten dazu, dass einige muslimische Frauen ihre Laufbahn in der Lehre abbrachen. Ein Verbot der Gesichtsverschleierung in Frankreich, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt wurde, führte zu Geldstrafen für fast 600 muslimische Frauen in weniger als drei Jahren, und Frankreichs Gesetz von 2004, das das Tragen von Kopftüchern in Schulen verbietet, hielt einige muslimische Mädchen vom Schulabschluss ab.

Für Frauen, die gezwungen sind, ein Kopftuch oder einen Schleier zu tragen, gehen solche Verbote nicht an die Ursachen der Unterdrückung heran. Stattdessen drohen sie, die Interaktion mit der Gesellschaft weiter einzuschränken und ihre Isolation zu verstärken. Anstatt dazu beizutragen, patriarchale Normen abzubauen, die die Kontrolle über den Körper und das Verhalten von Frauen untermauern, können solche Verbote diese noch verstärken.

Europäische Staaten üben eine zunehmende Kontrolle über die Entscheidungen und den Körper von Frauen aus, vom Verbot des Gesichtsschleiers in Dänemark und der Schweiz bis hin zum Beinahe-Verbot legaler Abtreibung in Polen. Die Entscheidung des Gerichts könnte diesen beunruhigenden Trend noch verstärken und sowohl öffentliche als auch private Bemühungen legitimieren, die Kleidung von Frauen einzuschränken.

Muslimische Frauen sollten sich nicht zwischen ihrem Glauben und ihrem Job entscheiden müssen.

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