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Sehr geehrter Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Borrell,

nach den glaubwürdigen Enthüllungen zur Verwendung der Pegasus-Spyware der israelischen NSO Group, um die Geräte von sechs palästinensischen Menschenrechtsaktivist*innen zu hacken - der jüngste von vielen Berichten über Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Technologien der NSO Group - schreiben wir Ihnen, um darauf zu drängen, dass die EU ernsthafte und wirksame Maßnahmen gegen die NSO Group ergreift, einschließlich der Erfassung des Unternehmens im Rahmen der globalen Menschenrechtssanktionsregelung der EU.

Bereits im Juli deckte die Berichterstattung des Pegasus-Projekts - einer von Forbidden Stories mit technischer Unterstützung von Amnesty International koordinierten Zusammenarbeit von mehr als 80 Journalist*innen aus 16 Medienorganisationen in zehn Ländern - auf, wie die Pegasus-Software eingesetzt wurde, um die Geräte von Aktivist*innen, Journalist*innen und Oppositionellen zu infiltrieren, auch in der EU. Forbidden Stories und seine Medienpartner identifizierten potenzielle NSO-Kunden in Ländern, die dafür bekannt sind, ihre Bürger*innen unrechtmäßig und willkürlich zu überwachen, und bekanntermaßen bereits zu den Kunden der NSO Group gehörten.

Die systematischen Angriffe auf palästinensische Menschenrechtsverteidiger*innen mittels der Pegasus-Spyware sind ein weiterer Beweis für ein Muster von Menschenrechtsverletzungen, die von der NSO Group durch den Verkauf von Spionagesoftware an Regierungen begünstigt werden, die diese Technologie zur Verfolgung der Zivilgesellschaft und sozialer Bewegungen in vielen Ländern der Welt einsetzen. Darüber hinaus verdeutlichen diese Verstöße, dass die Menschenrechtspolitik der NSO Group nicht in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und abzumildern.

Die NSO Group hat die in der Berichterstattung des Pegasus-Projekts enthaltenen Anschuldigungen und die Enthüllungen, dass Pegasus dazu benutzt wurde, palästinensische Menschenrechtsverteidiger*innen ins Visier zu nehmen, wiederholt bestritten. Keiner der Mitwirkenden des Pegasus-Projekts oder der Gruppen, welche die Hackerangriffe auf Palästinenser*innen aufgedeckt haben, hat die entsprechenden Berichte widerrufen. Vielmehr haben zusätzliche unabhängige Berichte und Untersuchungen durch Behörden die Ergebnisse des Pegasus-Projekts bestätigt

Nach den Anschuldigungen bezüglich der Verwendung der Software durch die ungarische Regierung kündigte  EU-Kommissar Reynders eine Untersuchung der Angelegenheit an und forderte dringende Maßnahmen gegen die Verwendung der Spionagesoftware.

Das globale Menschenrechtssanktionssystem der EU ermöglicht es der Union, gezielte Sanktionen. u.a. gegen Unternehmen, zu verhängen, die für Verstöße oder Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, die „im Hinblick auf die Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Anlass zu ernster Besorgnis“ geben. Hierzu zählen auch Verletzungen oder Verstöße gegen die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit oder die Meinungsfreiheit und die freie Meinungsäußerung (Art. 1, Abs. d, iii und iv des Beschlusses GASP 2020/1999 des Rates). Wie der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung hervorgehoben hat, kann der Einsatz von Spionagesoftware durch rechteverletzende Regierungen auch außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und Tötungen oder das Verschwindenlassen von Personen erleichtern, die unter Art. 1, Abs. c, iii und iv des Beschlusses fallen.

Am 3. November hat das US-Handelsministerium die NSO Group auf seine Liste der Handelsbeschränkungen (Entity List) gesetzt, weil das Unternehmen „gegen die Außenpolitik und die nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten verstößt“. Das Ministerium begründete dies damit, dass Produkte der NSO Group von ausländischen Regierungen eingesetzt werden, um „Regierungsbeamt*innen, Journalist*innen, Geschäftsleute, Aktivist*innen, Akademiker*innen und Botschaftsmitarbeiter*innen böswillig ins Visier zu nehmen“ und „ausländische Regierungen in die Lage zu versetzen, Menschen grenzüberschreitend Unterdrückung zu unterdrücken“, indem sie „Dissident*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen außerhalb ihrer eigenen Hoheitsgrenzen ins Visier nehmen, um Andersdenkende zum Schweigen zu bringen“.

Die EU sollte diesem Beispiel folgen und die NSO Group dringend auf ihre globale Sanktionsliste setzen und alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um den Verkauf, die Weitergabe, die Ausfuhr, die Einfuhr und die Verwendung von Technologien der NSO Group sowie die Erbringung von Zulieferdienstleistungen für ihre Produkte zu verbieten, bis angemessene Menschenrechtsgarantien entwickelt und etabliert sind.

Unterzeichnende:

Zivilgesellschaftliche Organisationen

  1. Access Now
  2. Agir ensemble pour les droits humains
  3. Americans for Democracy & Human Rights in Bahrain (ADHRB)
  4. Amnesty International
  5. Article 19
  6. ASEAN Parliamentarians for Human Rights
  7. Asia Democracy Network (ADN)
  8. Asian Forum for Human Rights and Development (FORUM-ASIA)
  9. Asian Network for Free Elections (ANFREL)
  10. Association for Progressive Communications (APC)
  11. Bahrain Institute for Rights and Democracy (BIRD)
  12. BoloBhi
  13. Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS)
  14. Cambodian Alliance of Trade Unions (CATU)
  15. Cambodian Center for Human Rights (CCHR)
  16. Cambodian Food And Service Workers Federation (CFSWF)
  17. Cambodian Human Rights and Development Association (ADHOC)
  18. Cambodian Institute for Democracy (CID)
  19. Cambodian Journalists Alliance Association (CamboJA)
  20. Cambodian League for the Promotion and Defense of Human Rights (LICADHO)
  21. Cambodian Youth Network Association (CYN)
  22. Center for Alliance Of Labor and Human Rights (CENTRAL)
  23. Centre for Democracy and Technology (CDT)
  24. Centro de Derechos Humanos Miguel Agustín Pro Juárez / Miguel Agustín Pro Juárez Human Rights Centre
  25. CNCD-11.11.11
  26. CIVICUS
  27. Coalition of Cambodian Farmer Community (CCFC)
  28. Committee for Free and Fair Elections in Cambodia (COMFREL)
  29. Consortium on Gender, Security and Human Rights
  30. CyberPeace Institute
  31. Daraj
  32. Democracy for the Arab World Now (DAWN)
  33. Derechos Digitales
  34. Digital Rights Foundation
  35. Egyptian Front for Human Rights (EFHR)
  36. Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR)
  37. Election Monitoring and Democracy Studies Center, Azerbaijan
  38. Electronic Frontier Foundation (EFF)
  39. Equitable Cambodia (EC)
  40. EuroMed Rights
  41. FEMENA
  42. Free Press Unlimited
  43. Front Line Defenders
  44. Fundación Karisma, Colombia
  45. Global Centre for the Responsibility to Protect
  46. Global Forum for Media Development (GFMD)
  47. Gulf Center for Human Rights
  48. Human Rights Commission of Pakistan (HRCP)
  49. Human Rights House Foundation
  50. Human Rights Watch
  51. International Service for Human Rights (ISHR)
  52. International Federation for Human Rights (FIDH), within the framework of the Observatory for the Protection of Human Rights Defenders
  53. Internet Freedom Foundation (IFF), India
  54. Labour Rights Supported Union of Khmer Employees of NagaWorld (LRSU)
  55. Lebanese Association for Democratic Elections (LADE)
  56. Lebanese Center for Human Rights (CLDH)
  57. Legal Education Society, Azerbaijan
  58. Maharat Foundation
  59. MENA Rights Group
  60. Mother Nature Cambodia
  61. Network of Chinese Human Rights Defenders
  62. Not1More (N1M)
  63. Paradigm Initiative (PIN)
  64. Privacy International
  65. Red en Defensa de los Derechos Digitales (R3D)
  66. Reporters Without Borders (RSF)
  67. Sahmakum Teang Tnaut (STT)
  68. Samir Kassir Foundation
  69. Samuelson-Glushko Canadian Internet Policy & Public Interest Clinic (CIPPIC) Canada
  70. Sharq
  71. SEEDS For Legal Initiatives
  72. SMEX
  73. Southeast Asia Freedom of Expression Network (SAFEnet)
  74. Tecnología, Investigación y Comunidad (TEDIC) Paraguay
  75. The Miaan Group
  76. Urgent Action Fund for Women's Human Rights
  77. Women's Association for Rational Development (WARD), Azerbaijan
  78. Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF)
  79. World Organisation Against Torture (OMCT), within the framework of the Observatory for the Protection of Human Rights Defenders
  80. Youth Resources Development Program (YRDP) Cambodia
  81. 11.11.11
  82. 7amleh - The Arab Center for the Advancement of Social Media


Unabhängige Expert*innen

  1. Siena Anstis, Senior Legal Advisor, the Citizen Lab at the University of Toronto's Munk School of Global Affairs & Public Policy
  2. Ron Deibert, Director of the Citizen Lab at the University of Toronto's Munk School of Global Affairs & Public Policy
  3. Tamir Israel, Clinical Lecturer, University of Ottawa, Faculty of Law (Canada)
  4. Dr. Courtney Radsch, independent media, technology and human rights expert
  5. Marietje Schaake, Stanford Cyber Policy Center
  6. David Kaye, Clinical Professor of Law, UC Irvine School of Law, former UN Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression (2014-2020)

 

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