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Chow Hang-tung (rechts) kommt am 8. Juni 2023 vor dem Berufungsgericht in Hongkong an. © 2023 ISAAC LAWRENCE / AFP via Getty Images

(Bangkok) – Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Beginn von Xi Jinpings Regierungszeit hat die chinesische Regierung im Jahr 2023 die Repression und soziale Kontrolle noch weiter verschärft, so Human Rights Watch heute in seinem World Report 2024. Angesichts einer stagnierenden Wirtschaft scheint sich die Regierung allerdings mit ihrer aggressiven Rhetorik gegenüber westlichen Ländern zurückzuhalten, denn sie ist auf ausländische Investitionen angewiesen. Unterdessen wagen immer mehr Menschen in China, unter großen persönlichen Risiken, Xis politischen Kurs öffentlich anzuprangern.

„Die repressive, seit über einem Jahrzehnt andauernde Herrschaft von Präsident Xi Jinping und die wachsende soziale Kontrolle hinterlassen immer deutlichere Spuren in Chinas Wirtschaft und Gesellschaft“, sagte Maya Wang, amtierende China-Direktorin bei Human Rights Watch. „Dass die Regierung nicht ernsthaft gegen Menschenrechtsverletzungen vorgeht, sorgt für Verunsicherung in der gesamten Gesellschaft, von der Jugend bis hin zu den Führungsspitzen.“

Im 740-seitigen World Report 2024, seiner 34. Ausgabe, zieht Human Rights Watch Bilanz der Menschenrechtslage in über 100 Ländern. In ihrem Einleitungsessay sagt die geschäftsführende Direktorin Tirana Hassan, dass das Jahr 2023 nicht nur ein folgenschweres Jahr in Bezug auf die Unterdrückung von Menschenrechten und Kriegsgräueln war, sondern auch ein Jahr der selektiven Empörung von Regierungen und der Transaktionsdiplomatie, die weitreichende Folgen für die Rechte derjenigen hatte, deren Stimmen nicht gehört wurden. Sie sagt aber auch, dass es Anzeichen der Hoffnung gibt, die auf einen anderen Weg hinweisen, und fordert Regierungen dazu auf, ihre Menschenrechtsverpflichtungen konsequent einzuhalten. 

Die chinesische Regierung hat auch dieses Jahr ihre Unterdrückung von Uigur*innen und anderen turkstämmigen Muslim*innen in Xinjiang fortgesetzt. Dieses Vorgehen stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Viele Uigur*innen sitzen wegen friedlicher Proteste lange Haftstrafen ab, darunter die international bekannte Anthropologin Rahile Dawut, deren Verurteilung zu einer lebenslangen Haft im September bekannt wurde.

In Tibet verfolgen die chinesischen Behörden nach wie ihre Politik der gewaltsamen „Assimilation“ der Bevölkerung. Drastische Maßnahmen der Informationskontrolle machen es sehr schwierig, Informationen aus der Region zu erhalten und zu überprüfen.

In Hongkong hat die chinesische Regierung so gut wie alle Freiheiten eingeschränkt, etwa durch willkürliche Verhaftungen wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit, Kopfgeld auf 13 im Exil lebende Demokratieaktivist*innen und ehemalige Abgeordnete, sowie die Ausweitung ihrer Einschüchterungskampagne gegen Aktivist*innen aus Hongkong über die Grenzen Chinas hinaus.

In ganz China hat die Regierung die Zivilgesellschaft unter noch schärfere Kontrolle gestellt. Auch ausländische Unternehmen, die lange Zeit willkommen waren, leiden zunehmend unter der willkürlichen Machtausübung der Regierung. Vage Änderungen des Gesetzes zur Spionageabwehr sowie Razzien bei in China tätigen ausländischen Unternehmen führen zu Verunsicherung, da nicht klar ist, ob zuvor akzeptable Geschäftspraktiken nun kriminalisiert werden.

Auch ein Jahr nach dem abrupten Ende der drakonischen Null-Covid-Politik Ende 2022 hat es noch immer keine offizielle Untersuchung zum Umgang der chinesischen Regierung mit der Pandemie gegeben. Chinesische Bürger*innen und Journalist*innen, die über die Corona-Maßnahmen der Regierung berichteten und Rechenschaft für die Übergriffe der Behörden während der Lockdowns einforderten, wurden schikaniert, inhaftiert und strafrechtlich verfolgt.

Im November betrauerten Menschen im ganzen Land den plötzlichen Tod des früheren Ministerpräsidenten Li Keqiang im Alter von 68 Jahren. Im Internet wurde eines der letzten Zitate Lis, „China muss den „Reform- und Öffnungskurs weiterführen, denn das Wasser des Jangtse und des Gelben Flusses kann ebenso wenig rückwärts fließen“, als versteckte Kritik an Xi geteilt. Für viele stand Li für ein wirtschaftlich dynamischeres China – sozusagen als Gegenmodell zu Xis Politik.

2023 hat Peking bei den Vereinten Nationen und anderswo verschiedene globale Initiativen angestoßen, die bestehende Normen und Institutionen in den Bereichen Ordnungspolitik, Sicherheit und Menschenrechte in Frage stellen.

„Ausländische Staats- und Regierungschefs sollten erkennen, dass es den langfristigen Interessen ihres Landes dient, wenn die chinesische Regierung mehr Transparenz, Verantwortlichkeit und Respekt gegenüber Rechten an den Tag legt“, sagte Wang. „Ein erster Schritt hin zu einem Wandel wäre es, Menschenrechtsverletzungen konsequent und entschieden öffentlich anzuprangern.“

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