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Afghanische Frauen erhalten Lebensmittelrationen von einer humanitären Hilfsorganisation in Kabul, Afghanistan, 28. Mai 2023. © 2023 Ebrahim Noroozi/AP Photo

(New York) - Die Taliban haben ihre extremen Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen sowie der Medien verschärft, seit sie am 15. August 2021 die Kontrolle über Afghanistan übernommen haben, so Human Rights Watch heute. In den vergangenen zwei Jahren haben die Taliban Frauen und Mädchen das Recht auf Bildung, Arbeit, Freizügigkeit und Versammlung verweigert. Sie haben eine umfassende Zensur der Medien und des Zugangs zu Informationen eingeführt und die Inhaftierung von Journalist*innen und anderen Kritiker*innen ausgeweitet.

Die Lage in Afghanistan hat sich zu einer der schlimmsten humanitären Krisen weltweit entwickelt. Mehr als 28 Millionen Menschen - zwei Drittel der Bevölkerung - benötigen dringend humanitäre Hilfe. Laut den Vereinten Nationen sind vier Millionen Menschen akut unterernährt, darunter 3,2 Millionen Kinder unter 5 Jahren.

„Die Menschen in Afghanistan erleben unter der Herrschaft der Taliban einen humanitären und menschenrechtlichen Albtraum“, sagte Fereshta Abbasi, Afghanistan-Expertin bei Human Rights Watch. „Die Taliban-Führung muss sich dringend von ihren menschenrechtsverletzenden Regeln und ihrer Politik verabschieden. Und die internationale Gemeinschaft muss die Taliban für die aktuellen Krisen zur Verantwortung ziehen.“

Neben jahrzehntelangem Krieg, extremen Wetterereignissen und weit verbreiteter Arbeitslosigkeit sind die Hauptursachen für die Ernährungsunsicherheit seit der Machtübernahme der Taliban die massive Einschränkung der Rechte von Frauen und Mädchen. Viele haben ihre Arbeitsplätze verloren. Zahlreiche Frauen wurden entlassen und dürfen – mit wenigen Ausnahmen - nicht mehr für humanitäre Organisationen arbeiten. Auch können Frauen und Mädchen keine weiterführenden Schulen oder Universitäten mehr besuchen.

Am 24. Dezember 2022 verkündeten die Taliban, Frauen dürften nicht mehr für lokale und internationale Nichtregierungsorganisationen, somit auch nicht für die UN, arbeiten. Ausgenommen hiervon waren nur die Bereiche Gesundheit, Ernährung und Bildung. Dieses Verbot hat den Lebensunterhalt von Frauen stark beeinträchtigt, da es unmöglich ist, festzustellen, ob Frauen Hilfe erhalten, wenn sie nicht an den Verteilungs- und Überwachungsprozessen beteiligt sind. Die Krise hat Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark getroffen, da sie ohnehin schon größere Schwierigkeiten beim Zugang zu Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und Wohnraum haben.

„Die frauenfeindliche Politik der Taliban zeigt sich in ihrer völligen Missachtung der Grundrechte von Frauen“, sagte Abbasi. „Ihre Politik und ihre Restriktionen schaden nicht nur den Menschenrechtsaktivistinnen im Land, sondern auch ganz gewöhnlichen Frauen, die ein normales Leben führen wollen.“

Die Geberländer müssen Wege finden, die anhaltende humanitäre Krise zu lindern, ohne die repressive Politik der Taliban gegen Frauen zu verstärken. Die strengen Restriktionen der Taliban gegen die lokalen Medien, zu denen auch die Blockierung internationaler Medien gehört, erschweren den Zugang zu Informationen in Afghanistan. Niemand im Land kann kritisch berichten, ohne willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen befürchten zu müssen.

Die Sicherheitskräfte der Taliban haben willkürliche Festnahmen, Folter und summarische Hinrichtungen von ehemaligen Sicherheitsbeamten und Mitgliedern oder Anhängern bewaffneter Widerstandsgruppen durchgeführt. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat die islamistische bewaffnete Gruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan, ein Ableger des sog. Islamischen Staates (IS), zahlreiche Anschläge auf Schulen und Moscheen verübt. Diese zielten zumeist auf die schiitische Volksgruppe der Hazara ab, die kaum Schutz oder Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen Hilfen erhält.

Tausende von Afghan*innen, die aus dem Land geflohen waren, halten sich in Drittländern wie Pakistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Iran und der Türkei auf. Viele leben dort unter katastrophalen Bedingungen. Die Regierungen, die mit Afghanistan zusammenarbeiten, müssen sicherstellen, dass Afghan*innen, denen Verfolgung oder Schaden droht, Zugang zu legalen und sicheren Fluchtwegen haben. Sie sollten zudem ihren Verpflichtungen nachkommen und diese gefährdeten Gruppen so schnell wie möglich umsiedeln, so Human Rights Watch.

„Die Antwort der Taliban auf die überwältigende humanitäre Krise in Afghanistan ist eine immer stärkere Unterdrückung der Rechte von Frauen und jeglicher abweichender Meinungen“, sagte Abbasi. „Die Regierungen, die mit den Taliban verhandeln, sollten sie drängen, ihren Kurs dringend zu ändern und grundlegende Rechte aller Menschen in Afghanistan zu respektieren. Gleichzeitig sollten sie der afghanischen Bevölkerung lebenswichtige Hilfe leisten.“

 

 

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